"L.A. Crash" Neustart mit Oscar

Als "L.A. Crash" im vergangenen August in die deutschen Kinos kam, interessierten sich nur 220.000 Zuschauer für das Rassismus-Drama. Mit dem Oscar als bester Film im Rücken wagt der Film nun einen zweiten Anlauf.

36 Stunden in der Stadt der gefallenen Engel. Der ganz normale Wahnsinn nimmt seinen Lauf. Es beginnt mit einem scheinbar harmlosen Auffahrunfall. Zwei farbige Jungs reißen sich später die Luxuskarosserie eines ehrgeizigen Staatsanwalts unter den Nagel. Dessen Frau stirbt fast vor Angst. Ein Streifenpolizist lässt seinen Frust an unschuldigen Verkehrsteilnehmern aus, ein gedemütigter iranischer Ladenbesitzer kauft sich eine Waffe. Es ist kurz vor Weihnachten, aber in den endlosen Straßenschluchten leuchtet nirgends ein Stern. Keine Hoffnung. Nur ein fünfjähriges Mädchen wird von einer Fee mit einer kugelsicheren Weste beschützt. Los Angeles kann sehr kalt sein.

Regisseur Paul Haggis, der das Drehbuch für Clint Eastwoods vierfach oscarprämiertes Boxerdrama "Million Dollar Baby" geschrieben hat, entwirft in seinem hochkarätig besetzten Debütfilm das vielschichtige Panorama einer Metropole zwischen Hysterie und Depression. Ein gutes Dutzend Charaktere bevölkern dieses ambitionierte Asphaltdrama, namhafte Schauspieler wie Don Cheadle, Brendan Fraser, Matt Dillon, Jennifer Esposito oder Sandra Bullock spielen sehr glaubwürdig Menschen am Rande der Verzweiflung. Der Vergleich mit großen Vorläufern drängt sich zwangsläufig auf: Robert Altmans geniale "Short Cuts" (1993), Curtis Hansons "L.A. Confidential" (1997) oder Paul Thomas Andersons apokalyptische Endzeitvision "Magnolia" (1999).

Ein ehrgeiziger Episodenfilm

Paul Haggis hangelt sich in 113 Minuten gekonnt von Szene zu Szene. Der Film hat sich viel vorgenommen: Es wird über Rassismus doziert, wir erfahren einiges über das marode Gesundheitssystem der USA, Korruption bei der Polizei wird thematisiert oder die Probleme des multikulturellen Miteinanders. "L.A. Crash" packt jede Menge heiße Eisen an. Am Ende einer langen Nacht schneit es in der Stadt der Engel, und dies allein wirkt dann schon wie ein kleines Wunder.

Der Film war bereits im August 2005 in Deutschland gestartet, hatte aber nur 220.000 Besucher angelockt. In den USA spielte die 6,5 Millionen teure Low-Budget-Produktion allerdings 53 Millionen Dollar ein, weltweit wurden es 83,4 Millionen Dollar. Nachdem "L.A. Crash" überraschend mit einem Oscar als "bester Film des Jahres" ausgezeichnet wurde, hat sich der Universum Verleih kurzfristig entschlossen, das Rassismus-Drama mit 50 Kopien in Großstädten und ausgewählten Lichtspielhäusern erneut in die deutschen Kinos zu bringen.

Dabei kommt dem Verleih ein Gerichtsurteil entgegen: Da der Kinostart des Horrorfilms "Rohtenburg" untersagt wurde, haben jetzt viele Kinos kurzfristig Säle frei. In diese Lücke grätscht nun "L.A. Crash". Gut möglich, dass der Film im zweiten Anlauf sein verdientes Publikum in Deutschland findet.

che/DPA

Mehr zum Thema Film finden Sie auch bei unserem Partner cinema.de

PRODUKTE & TIPPS

Mehr zum Thema