Tanz der Vampire "Tanz der Vampire" zurück in Hamburg - Vampire wehren sich erfolgreich gegen den Zahn der Zeit

Vampire in pompösen Roben auf der Bühne
Der Tanz der Vampire ist zurück in Hamburg und bietet auch mehr als 25 Jahre nach seiner Uraufführung gute Unterhaltung.
© Stage Entertainment
Die Vampire tanzen wieder an der Elbe: Nachdem der Broadway-Hit "Hamilton" im Oktober seine letzte Vorstellung hatte, hat jetzt der "Tanz der Vampire" seine neue Heimat im Hamburger Stage Operettenhaus gefunden. Sie sind noch immer erstaunlich aktuell, den Untoten hätte vorher vielleicht jedoch eine kleine Verjüngungskur gut getan. 

Vermutlich gibt es in Deutschland kaum Menschen mit Interesse an Musicals, die die Geschichte von "Tanz der Vampire" nicht kennen. Wenn doch, ist die jedenfalls recht schnell erzählt: Ein alternder, sich selbst überschätzender, Professor (Till Jochheim) reist mit seinem Assistenten Alfred nach Transsilvanien, um die Existenz von Vampiren zu beweisen. 

Es sieht fast aus, als müssten sie ihre Suche beenden, als die beiden in einem unscheinbaren Wirtshaus stranden, in dem man eine große Vorliebe für Knoblauch zu haben scheint. Hier treffen sie auf den etwas übergriffigen Wirt Chagall (Oleg Krasovitskii), seine Frau Rebecca (Carina Nopp) und die Magd Magda (Anja Backus).

Alfred (Vincent Van Gorp), der Assistent des Professors, verliebt sich in die Wirtstochter Sarah (Kristin Backes). Die allerdings fühlt sich zu dem geheimnisvollen Grafen von Krolock (Rob Folwer) aus dem Schloss in der Nähe angezogen, der sie zu einem Ball lädt. Dieser Graf ist, vielleicht haben Sie es sich schon gedacht, natürlich ein Vampir. Das verstehen bald auch Alfred und der Professor, die sich daraufhin auf den Weg machen, um Sarah aus den Fängen des Grafen zu befreien, bevor dieser sie beißen kann.

Zu Recht Kult

Das Musical punktet vor allem mit dem rockigen Sound von Jim Steinman (komponierte u.a. für Meat Loaf und Bonnie Tyler) – schon die ersten Töne ziehen das Publikum in den Bann der Fürsten der Finsternis. Die Songs werden begleitet von den beeindruckenden Choreografien von Dennis Callahan, dazu kommen das opulente Bühnenbild und nicht weniger aufwändige Kostüme. Die an sich klassische Vampirgeschichte, ursprünglich von Roman Polanski geschrieben und dann von Michael Kunze für die Bühne adaptiert, wird mit all diesen deliziösen Zutaten zu einem Stück, das zu Recht eine treue Fangemeinde hat.

Das Erfolgsrezept funktioniert so schon seit der Uraufführung im Wiener Ronacher 1997 zuverlässig – und das ist auch dieses Mal in Hamburg nicht anders. Die vom Ensemble bis hin zu den Hauptcharakteren wirklich stark besetzte Cast tut ihr übriges dazu. Allen voran Rob Fowler, der gerade durch seinen rockigen Gesangsstil erstaunlich gut zur Rolle des Grafen von Krolock passt. Dicht gefolgt von Anja Backus, die einmal mehr als Magda ihr Talent beweist. So muss ein Rockmusical wie dieses gesungen werden.

Gesellschaftlich noch immer relevant

Bewusst oder unbewusst, schneidet das Musical auch 25 Jahre nach seiner Premiere noch aktuelle und gesellschaftlich relevante Themen an. Der von Till Jochheim grandios verschroben gespielte Professor Abronsius etwa, der seinem armen Assistenten einfach nichts zutraut und ihn regelmäßig maßregelt, dann aber doch immer wieder auf ihn angewiesen ist, ruft jedenfalls bestimmt bei einigen Studierenden direkt eigene Erfahrungen in Erinnerung. Da wünscht man sich dann fast, dass Alfred weniger verliebt wäre und dem Professor stattdessen mal Grenzen aufzeigen würde.

Wenn Wirt Chagall sich aber seiner Magd gegenüber übergriffig verhält und ganz nebenbei noch seine Frau Rebecca betrügt, oder selbst der von Vincent Van Gorp wundervoll als liebenswürdig treudoof dargestellte Alfred doch ein paarmal etwas zu lange und zu tief in die ziemlich tiefen Dekolletés der weiblichen Figuren starrt, und beide dafür kaum aktiv kritisiert werden, dann beweist das Stück traurigerweise unfreiwillig seine Relevanz. In diesem Punkt man merkt ihm leider eben doch an, dass es in den 90er-Jahren entstanden ist – und in seiner Grundidee aus der Feder von Roman Polanski stammt, der mehrfach wegen Vergewaltigung angeklagt war.

Nun lässt sich die Geschichte eines Musicals schlecht umschreiben. Diese Teile der Geschichte einfach zu streichen, wäre zu einfach und auch unehrlich, denn Gewalt und sexualisierte Übergriffe gegenüber Frauen, oder auch „nur“ eine paternalistische Haltung von Männern gegenüber Frauen, sind leider auch heute immer noch Alltag. Das sichtbar zu machen und solche Themen auch im Theater zu behandeln ist wichtig, um Bewusstsein dafür zu schaffen.

Eine gelungene Premiere

Die männlichen Charaktere für sexistisches und übergriffiges Verhalten lächerlich dastehen zu lassen, wie es in dieser Produktion immer wieder passiert (woran auch die weiblichen Charaktere, die ihnen gegenüberstehen, ihren Anteil haben), ist besser, als solches Verhalten gänzlich unkommentiert passieren zu lassen. Vielleicht gäbe es aber auch Wege, die weiblichen Charaktere mit kleinen Änderungen etwas empowerter und vor allem weniger sexualisiert darzustellen. Das hätte der Inszenierung gutgetan, um das Stück nicht nur optisch, sondern auch in Sachen Zeitgeist etwas aufzufrischen.

Dann würde ein Abend bei den Vampiren sicher direkt noch mehr Spaß machen, als er das jetzt schon tut. Denn alles in allem bietet "Tanz der Vampire" auch über 25 Jahre, nachdem es das erste Mal gespielt wurde (und 15 Jahre, nachdem das Stück zuletzt in Hamburg lief), vor allem eins: Einen tollen Theaterabend mit Musik, die mitreißt, viel Witz und großartigen Choreografien. Die Standing Ovations hat sich die Cast nach dieser gelungenen Premiere mehr als verdient.

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