Die Vernunft des Soul Terry Callier ist mit 67 Jahren getorben

  • von Oliver Noffke
Sein Album "The New Folk Sound of Terry Callier" gilt als eines der großen Soulalben der 1960er Jahre. Dennoch musste Terry Callier noch 30 Jahre auf seinen großen Durchbruch warten.

Mit Terry Callier stirbt ein Stück von Chicago - dem alten Chicago und seiner großen Soul-Vergangenheit. Der Zeit der Folkclubs und Musikbars, in denen das Publikum an Tischen saß, rauchte, trank und seine Gedanken verlor in der Musik, die von viel zu engen Bühnen schallte. In unzähligen Nächten spielte er in diesen Clubs und Bars seiner Heimatstadt, verfeinerte sein Gitarrenspiel, arbeitete an Reimen und Texten und entwickelte eine wunderbar sanfte Stimme.

Terrence O. Callier hatte dieses Chicago im Blut. Hier wurde er 1945 geboren und hier verlebte er seine Kindheit mit Curtis Mayfield und Jerry Butler. Aber es sollte London sein, das ihn Jahrzehnte später berühmt machte.

Erst die Schule, dann der Durchbruch

Seinen ersten Song durfte er als Teenager bei Chess Records einspielen - jener legendären Plattenfirma, die Etta James und Chuck Berry zu Superstars machte. Die Produzenten von Chess waren so beeindruckt von dem 17-Jährigen und seinen Gitarrenkünsten, dass sie ihn zu einer Konzerttour mit Etta James und Muddy Waters einluden. Gescheitert ist dies allerdings an seiner Mutter, erzählte er 2004 der Zeitung "The Guardian". Ohne College-Abschluss kein Rock'n'Roller-Leben, war ihre strenge, vernünftige und nervige Devise. So verpasste Callier zwar einen frühen Durchbruch, aber auch, wie Chess Records später spektakulär gegen die Wand gefahren wurde.

Drei Jahre darauf erhielt er einen Plattenvertrag bei einem anderen Label. Sein erstes Album "The New Folk Sound of Terry Callier" rüttelte an den Grenzen von Folk und Jazz. Anfang der 1970er huldigten ihm die Kritiker. Doch seine Alben wurden zu Ladenhütern. Clubs und Jazzfestival bestimmten Calliers musikalisches Leben. Das harte Brot des Künstlers wurde für ihn schließlich so ungenießbar, dass er eine Stelle als Programmierer an der Universität von Chicago annahm und später Soziologie studierte. Seine Gitarre soll er in dieser Zeit nie angerührt haben.

UN-Preise und Massive Attack

Die Rückkehr auf die Bühne begann mit einem Anruf aus London. Ein DJ wollte seine alten Platten neu verlegen. Callier wischte den Staub von seiner Gitarre, nahm sich Urlaub und flog über den großen Teich. Diesmal schlief Chicago und erst als er 1998 für sein Album "Timepeace" einen Preis der UN erhielt, merkten seine Arbeitskollegen von der Uni, wer da zwischen ihnen saß.

Insgesamt veröffentlichte Callier 16 Studioalben. Die Zusammenarbeit mit Massiv Attack für die Single "Live With Me" stellte alle beteiligten so zufrieden, dass Callier das britische Duo auch für sein Album "Hidden Conversations" ins Studio holte. Es erschien 2009 und sollte sein letztes sein.

Terry Callier wurde 67 Jahre alt. Mr Bongo Records, sein Plattenlabel, gab am Montag bekannt, dass Terry Callier am 27. Oktober verstorben ist. In Chicago.

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