Das berühmte Klassiklabel Deutsche Grammophon verlässt nach 54 Jahren Hamburg und zieht nach Berlin. Im Sommer 2011 soll das weltweit größte Klassik-Plattenlabel an den Sitz der Konzernmutter Universal verlegt werden, wie Universal-Deutschlandchef Frank Briegmann am Donnerstag der Nachrichtenagentur dapd sagte. "Mit dem Umzug wollen wir eine engere Zusammenarbeit mit dem Mutterhaus herstellen, von der wir uns viele Synergien erwarten", sagte der Geschäftsführer zur Begründung. Universal war bereits 2002 von Hamburg nach Berlin gewechselt.
Kündigungen im Zusammenhang mit dem Umzug kündigte Briegmann nicht an: "Es gibt 45 Arbeitsplätze in Hamburg. Fast jedem Mitarbeiter können wir ein Umzugsangebot unterbreiten." Der Manager erinnerte auch an die gestiegenen Bedeutung Berlins im künstlerischen Bereich: "Auf der künstlerischen Ebene ist Berlin in der Musik bedeutender als Hamburg." Allerdings erwarte er auch finanzielle Unterstützung aus Staatsmitteln für den Umzug: "Wir haben normale Fördermittel beantragt", sagte er.
60 Millionen Euro Umsatz
Die Deutsche Grammophon mit dem weltweit bekannten gelben Firmensymbol auf den CD- und Plattencovern veröffentlicht die größten Stars der Branche: die Dirigenten Herbert von Karajan oder Claudio Abbado, Solisten wie Alfred Brendel oder Anne-Sophie Mutter, Orchester wie die Berliner Philharmoniker. Mit einem Jahresumsatz von weltweit 60 Millionen Euro gilt die Deutsche Grammophon als Marktführer. Klassikfans schätzen die CDs mit dem gelben Label trotz hoher Preise wegen ihrer hohen technischen und musikalischen Qualität. Briegmann machte klar, dass die Firma auch in Berlin unabhängig bleiben werde: "Eines ist klar: Die Deutsche Grammophon bleibt als eigenes Label bestehen."
Die Deutsche Grammophon wurde 1898 in Hannover gegründet und zog 1900 nach Berlin. Seit 1956 ist die Firma in Hamburg ansässig. Sie gehört zum weltweiten Musikkonzern Universal, der wiederum Teil des französischen Medienkonzerns Vivendi ist. In den letzten Jahren verlor Hamburg zahlreiche Medienfirmen an Berlin: Universal, wesentliche Teile des Axel-Springer-Verlages, den Verband der Musikwirtschaft und mehr. Den betroffenen Mitarbeitern der Grammophon bleibt ein kleiner Trost: Nachdem sie in Hamburg ihren Sitz direkt am Hafen am Baumwall hatten, können sie künftig in Berlin am Osthafen aufs Wasser schauen.
Neben der großen künstlerischen Vergangenheit war die Deutsche Grammophon auch technisch oft vorneweg: Angefangen mit dem Gründer Emil Berliner, der als einer der Erfinder der Schallplatte und des Grammophons gilt, war das Unternehmen auch in der Folge immer wieder Innovationsführer und veröffentlichte die erste doppelseitige Schallplatte, produzierte 1913 die erste Gesamtaufnahme eines Orchesterwerks - Ludwig van Beethovens Fünfte Sinfonie mit den Berliner Philharmoniker unter Arthur Nikisch -, nahm ab 1946 nur noch auf Magnetbändern auf, startete 1982 die weltweit erste industrielle CD-Produktion, veröffentlichte Laserdiscs und war das erste Klassiklabel, das Aufnahmen über einen eigenen Web-Shop vertrieb.