"Caren Miosga" "Natürlich ist das falsch – aber im Moment ist das die amerikanische Haltung"

Die Talkrunde diskutierte bei Caren Miosga den Friedensplan der USA für die Ukraine
Die Rollenverteilung bei Caren Miosga (2.v.l.) war klar: Paul Ronzheimer (l.) als Mahner, Armin Laschet (2.v.r.) als Vermittler und Claudia Major (r.) als Skeptikerin
© Thomas Ernst
In ihrer Talkshow bespricht Caren Miosga den Friedensplan der USA: Kann so der Ukrainekrieg beendet werden? Das analysieren Armin Laschet, Claudia Major und Paul Ronzheimer.

"Für Selenskyj geht es um alles – möglicherweise auch fürs eigene Leben." sagt Paul Ronzheimer in der Diskussion um den 28-Punkte-Plan zum Frieden in der Ukraine. Nicht nur für ihn, auch für sein Land geht es um alles. Seit der Plan diese Woche bekannt wurde, spricht im politischen Berlin, in Washington und in Kiew kaum jemand über etwas anderes.

Mit dieser Sendung geht eine turbulente Woche in den internationalen Beziehungen zu Ende. Sie dreht sich um eine existenzielle Frage: Kann man diesen Plan annehmen? Welche Punkte sind akzeptabel? Worüber muss noch einmal gesprochen werden? Und: Was geht – aus Sicht der Ukrainer, aus der Sicht der Europäer, gar nicht? Caren Miosga und ihre Gäste Armin Laschet, Claudia Major und Paul Ronzheimer analysieren genau das.

Manche Formulierungen in diesem Plan scheinen merkwürdig formuliert zu sein. "Es ist zu erwarten", wie es in den 28-Punkten häufiger heißt, ist eher eine Übersetzung aus dem Russischen als aus dem amerikanischen Duktus, beobachtet Miosga – und zeigt, dass sie nicht nur die Debatte leitet, sondern auch immer wieder selbst inhaltlich punktet. Allgemein zeigt sich Miosga in dieser Sendung von ihrer besten Seite: extrem gut vorbereitet, schlagfertig – aber sie lässt Diskussionen auch laufen, wenn sie inhaltlich spannend sind.

Einspieler erklären Friedensplan für die Ukraine

Auch die anderen Rädchen der Sendung funktionieren: Ein Einspieler fasst die wichtigsten Aspekte des Friedensvorschlages zusammen. Miosga und ihre Gäste diskutieren die heiklen Punkte danach noch einmal. Dabei kristallisiert sich ein Muster heraus, das die Sendung trägt:

  • Claudia Major nimmt die Rolle der Skeptikerin ein. Eine der Grundfragen sei: "Ist dieser Vertrag Grundlage für einen dauerhaften Frieden?" Im Laufe der Sendung wird klar: Sie glaubt nicht. "De facto heißt das, die Ukraine bleibt vogelfrei."
  • Paul Ronzheimer ordnet ein und fungiert als Mahner, der immer wieder die unangenehmen Wahrheiten über die europäische Politik der letzten Jahre und Jahrzehnte anspricht. Er sagt: Europa mache nichts, habe aber auch keine eigenen Druckmittel. Und spricht die offene Flanke des Kanzlers an: Bevor Friedrich Merz ins Kanzleramt zog, hatte er hier im Interview bei Miosga, großspurig versprochen, der Ukraine den Marschflugkörper Taurus zu liefern – sollte Russland weiter zivile Ziele bombardieren. Als Russland genau das tat, tat Merz: nichts.
  • Armin Laschet sagt dazu nur schmallippig: "Er war ja hier. Müssen Sie ihn nochmal einladen und fragen, warum er das jetzt anders macht?" Laschet blickt deutlich wohlwollender auf den Plan. "Dass auf dieser Grundlage jetzt verhandelt wird, ist die Realität" Der ehemalige Kanzlerkandidat und Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses ist in der Rolle des Vermittlers. "Die Aufgabe von Politik ist doch, jede Möglichkeit zu nutzen, diesen Krieg zu beenden." Inhaltlich gibt er Major in der Frage, ob der Plan so umsetzbar ist, recht. "Natürlich ist das falsch, aber das ist im Moment die amerikanische Haltung."

Was bekommt die Ukraine?

Was würde die Ukraine dafür erhalten, dass sie Teile ihres Territoriums, selbst Teile, die Russland noch nicht besetzt hält, abgibt? Sicherheitsgarantien. Und Laschet betont, dass Selenskyj einen Friedensplan nur dann verkaufen könne, wenn er wirkungsvolle Garantien bekäme.

Miosga hakt nach: Wie könnten so eine Garantie aussehen? Aus Sicht der Ukrainer wäre das ein Nato-Beitritt, so Ronzheimer. Aber der sei so oder so ausgeschlossen. Und für Major ist der gesamte Begriff Garantien eine "Mogelpackung".  Hinter einer Garantie müsste Glaubwürdigkeit stehen: Planungen, Abstimmungen, für eine mögliche Intervention, sollte die Garantie fällig werden, sogar extra dafür abgestellte Truppen. Wie in der Nato. Der jetzige Plan sei lediglich "ein vages 'Wir kümmern uns dann"'.

Caren Miosga trifft den richtigen Nerv

Am Ende lässt Miosga die Sendung nicht einfach auslaufen, sondern spricht noch ein zweites heikles Thema an. Der Korruptionsskandal, der die Ukraine gerade erschüttert. Ronzheimer nennt die Lage für den ukrainischen Präsidenten "extrem gefährlich" – zumindest war sie es, bis der Friedensplan die Korruption aus den Schlagzeilen drängte.

Die Europäer dürften nicht den Fehler machen, "alles zu entschuldigen mit: da ist ja Krieg". Die Menschen in der Ukraine erwarteten, dass genau hingeschaut wird. Nicht nur die – Laschet mahnt: "Wir können unserer Öffentlichkeit nicht zumuten, die Ukraine zu unterstützen, wenn ihr das nicht aufklärt." Er verweist auf die Maskenaffäre in der eigenen Fraktion: "Wenn so viele Milliarden im Spiel sind, gibt es immer Menschen, die da anfällig sind." Dann müsse es Systeme geben, die Korruption verhindern.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Nach einer hektischen Nachrichtenwoche, in der nicht immer klar war, was Spekulation, was Gerücht, was wahr war, trifft Miosga mit dieser Sendung den richtigen Nerv. Eine Sendung, die ohne Aufreger, aber mit durchaus sehr unterschiedlichen Positionen  ein produktives Spannungsfeld schafft. Wenn man nach der Sendung immer noch verwirrt ist, den Friedensplan nicht ganz einordnen kann: Dann liegt das nicht an Miosga, sondern an der Weltlage.

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