"Nur meine Höflichkeit gebietet, nicht zu sagen, was ich denke." Markus Söder platzt am Ende der Sendung der Kragen. Der bayerische Ministerpräsident sitzt am Sonntagabend bei Caren Miosga zusammen mit der FAZ-Journalistin Julia Löhr und der Wirtschaftsweisen Monika Schnitzer.
Nach einer langen Debatte um Wirtschaft und E-Autos hat die gerade den Fehler gemacht, bayerischen Landwirten zu unterstellen, sie seien weniger produktiv als andere. Söder kann das nicht auf Bayern sitzen lassen und fährt Schnitzer an: "Also alle bayerischen Landwirte sind doof? Ganz Bayern ist doof? Und die Automobilindustrie doof, alle sind doof?" Sie kann nur noch einwerfen, dass Söder ihr nicht das Wort im Mund verdrehen solle.
Dieser Ton zieht sich durch die gesamte Sendung. Immer wieder wird Söder patzig. Und hat eine raffinierte Strategie, sich Kritik zu entziehen. Was sagt das über seine Gemütslage aus?
Aber von vorn: Am Anfang der Sendung ist er, wie bei Miosga üblich, im Einzelinterview am Tisch.
Streit um das Rentenpaket und die AfD
Caren Miosga grillt ihn zum Rentenpaket der Regierung, das beschlossen wurde. Söder selbst hatte vor einem Scheitern der Regierung über diesen Streit gewarnt – bevor es letzte Woche beschlossen wurde. Jetzt will er nicht mehr so wirklich darüber sprechen. Wenn das nicht gereicht hätte? Söder gibt Kontra: Es hat ja gereicht. Miosga versucht immer wieder, ihn festzunageln. Und schafft es, dass der Bayer sich immer wieder herauswinden muss.
Die weiteren Rentenfragen kann Söder souverän parieren, ohne sich auf viel festzulegen. Nur bei der Mütterrente, da wird er kurz unsouverän. Als Söder anfängt, breit zu referieren, unterbricht ihn Miosga. Das gefällt dem CSU-Mann nicht: "Ich würde mir nie anmaßen, ständig Ihre Fragen zu kritisieren. Geben Sie mir doch die Chance zu antworten."
Beinahe staatsmännisch gibt er sich beim Thema AfD: Jede Kooperation mit ihr würde die Union zerreißen. Eine Minderheitsregierung, toleriert von der AfD? "Das ist eine Quatschidee. Alle, die das glauben, hoffen darauf, dass es mehr Posten gibt. Aber nicht lange." Er verweist auf die neu gegründete Jugendorganisation der AfD "mit dem Hitlerclown" und legt sich fest: "Ich möchte mit dieser AfD nicht zusammenarbeiten."
"Politik verschärft die Probleme, statt sie zu lösen"
Und es geht ernst weiter. Miosga holt die Wirtschaftsweise Schnitzer und die Journalistin Löhr an den Tisch. Die Runde diskutiert über die verheerende Wirtschaftslage in Deutschland. Und Löhr stellt der Regierung kein gutes Zeugnis aus: "Im Moment verschärft die Politik die Probleme, statt sie zu lösen."
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Dass statt einer Stromsteuer-Erleichterung für alle die Mütterrente beschlossen wurde, hält sie für einen Fehler. Jede Entscheidung müsse geprüft werden: Hilft sie dem Wirtschaftswachstum? Söder beginnt sich zu verteidigen. Er versuche, mit einer sehr klar wirtschaftsorientierten Politik zu arbeiten. "Das mache ich übrigens in Bayern auch."
Er will noch etwas zur Mütterrente ergänzen. Miosga meint, er hätte jetzt wenig zu den teuren Themen gesagt.
"Darf ich eine Ergänzung machen?" Miosga gibt Schnitzer das Wort. Söder: "Ah, darf ich nicht."
Und so, teilweise wirklich patzig, macht Söder weiter. Löhr kritisiert ihn weiter, Söder kontert: Was würde sie denn empfehlen, was man tun sollte? Die antwortet, dass es unter anderem eine Rentenreform bräuchte, die die Kosten senkt – also Menschen auch länger arbeiten.
Söder: "Also Sie wären für länger arbeiten?"
Löhr: "Ja natürlich, als ein Bestandteil."
Söder: "Wie lang? Was schätzen Sie, wie lang?"
Und neben diesen kleinen Unsouveränitäten hat Söder vor allem einen Pfeil im Köcher. Immer, wenn es die Runde unangenehm für ihn macht, zieht er sich auf seinen direkten Verantwortungsbereich zurück. In Bayern, da ist der Haushalt ausgeglichen. In Bayern, da läuft es. Und wenn es wieder angenehmer ist, dann kann er, als Vorsitzender einer Regierungspartei, natürlich auch über jedes Thema im Bund mitreden. Er pickt sich die Rosinen aus der Regierungsverantwortung.
Alle gegen Markus Söder bei "Caren Miosga"?
Einerseits schafft es Miosga nicht wirklich, ihn hier festzunageln. Andererseits kann man es ihm manchmal nicht verübeln. Denn die Runde wirkt teilweise wie ein Drei-gegen-Einen, alle gegen Söder. Das hat damit zu tun, dass sowohl Schnitzer als auch Löhr und Miosga den CSU-Mann hart angehen – aber auch damit, dass Söder sich immer wieder mit seinen kleinen "Ich-darf-ja-nicht-ausreden"-Bemerkungen nach minutenlangen Monologen selbst in die Opferrolle begibt.
Und so spricht die Runde noch über E-Autos, über Klimaschutz, über den Agrardiesel. Es wird klar: Die Journalistin und die Wirtschaftsweise sind nicht zufrieden mit der Regierung, Söder muss sie wohl oder übel verteidigen. Das ist inhaltlich spannend, aber nicht überraschend.
Söder wirkt dadurch teilweise dünnhäutig. Ist es der Ernst der Lage im Land, den er selbst immer wieder betont? Trotzdem: Der bayerische Ministerpräsident mag patzig sein, aber das gibt der Sendung auch Pfiff. Am Ende bleibt die Erkenntnis: Ein Fernsehabend mit Markus Söder ist immer mindestens ein unterhaltsamer Fernsehabend.