Dunkle Gewitterwolken ballen sich über dem Festspielhaus Neuschwanstein in Füssen. Während draußen ein Sommergewitter tobt, im Saal das Publikum dem neuen Stück Ovationen spendet, herrscht hinter den Kulissen großer Ärger. Die Stimmung unter den Schauspielern ist miserabel, der Krankenstand ungewöhnlich hoch und das Gerücht von einem Boykott macht die Runde. Zu all dem Übel hat der umjubelte König-Darsteller, Jan Ammann, seinen Vertrag vorsorglich gekündigt. Das Ludwig-Musical kommt seit Jahren nicht aus den Schlagzeilen.
Aktueller Hintergrund ist ein Machtkampf zwischen dem erst vor zwei Monaten berufenen Geschäftsführer und Sanierer, Ulrich Schwab, und den Gesellschaftern des neuen Stücks "Ludwig…". Schwab, ein erfahrener Theatermann als ehemaliger Generalintendant des Mannheimer Nationaltheaters, will für eine professionelle, nationale Werbekampagne für das Musical viel Geld von den Gesellschaftern. Die wollen die geforderte Summe nicht rausrücken.
Persönliche Animositäten und rückläufige Besucherzahlen
Vor allem die finanzstarke Gräfin von Pocci soll strikt gegen Schwabs Finanzwünsche sein. Dieser hatte die Gesamtkosten für eine Werbekampagne zwischen einer und zwei Millionen Euro angesetzt. Jetzt wird Schwab wohl seinen Hut nehmen müssen, am 21. Juni will die Gesellschafterversammlung einen Schlussstrich ziehen. Gesellschaftssprecher Dieter Döbler hat keinen Zweifel daran gelassen, dass es für eine weitere Zusammenarbeit mit Schwab keine Grundlage mehr gibt. Schon werden Namen für dessen Nachfolger gehandelt.
Zu den persönlichen Animositäten kommen rückläufige Besucherzahlen. Diese Misstöne erinnern an frühere Zeiten. Das war schon beim ersten Ludwig-Musical "Sehnsucht nach dem Paradies" so, das nach nur drei Jahren Spielzeit im Oktober 2003 in einer spektakulären Pleite mit 24 Millionen Euro Schulden im Forggensee buchstäblich untergegangen war. Davor hatte ein veritabler Machtkampf zwischen dem damaligen Intendanten Stephan Barbarino und der geldgebenden Treuhandgesellschaft getobt. Barbarino hatte 2002 den Kampf mit Hilfe eines Gerichtsentscheids für sich entschieden.
Ammann setzt ein "klares Zeichen"
Als Schwab vor zwei Monaten als Hoffnungsträger für das an Besucherzahlen schwächelnde neue Musical installiert wurde, gab es erheblichen Ärger. Der künstlerische Leiter Klaus Naseband musste gehen und es kam zum Knatsch mit Mitgesellschafter Gerd Fischer, der seine Anwälte in Stellung brachte. Das Klima wurde rauer. Aus dem Ensemble wurde Schwab vorgeworfen, er herrsche wie ein "Diktator", sei unfähig zur Kommunikation. Döbler zeigte sich "bitter enttäuscht". In Gesellschafterkreisen hieß es, Schwab sei "eine glatte Fehlbesetzung".
Dieser konterte mit Angriffen. Er werde von Teilen der Gesellschafter blockiert, er könne wegen "gebundener Flügel" nicht so arbeiten, wie er es sich vorstellt, um das Musical herrsche eine "unerträgliche Situation". Er habe von Anfang an für eine "tolle Werbekampagne" Stimmung machen wollen, um die Besucherzahlen von unter 50 Prozent wieder "hoch zu reißen". Jetzt wird er wohl mit der Zukunft des Musicals nicht länger zu tun haben. Selbst der moderate Unternehmer Döbler sieht keine Basis mehr für eine weitere Zusammenarbeit.
Die Allgäuer Kommunalpolitiker wollen den Ärger mit dem Musical vom Hals haben. Der Ostallgäuer Landrat Johann Fleschhut: "So kann's nicht weiter gehen." Man müsse dem Schauspieler Ammann sogar dankbar sein, dass er mit seiner Kündigung ein "klares Zeichen gesetzt hat". Fleschhut: "Das ist unser Star, unsere Identifikationsfigur, er ist der "König" und bestimmende Führungspersönlichkeit." Mit einem Neuanfang könnten die Besucherzahlen auch wieder steigen.