Eine Woche nach den MTV Video Music Awards sind Miley Cyrus und ihr Pornostyle-Auftritt bei den MTV Video Music Awards in aller Härte verurteilt, und die 20-Jährige hat ihr Mea Culpa einem britischen Klatschblatt gebeichtet: "Mein Leben ist im Arsch". Dass sie auf der Bühne nicht allein war, wurde bisher geflissentlich übersehen. Robin Thicke hieß der Mann, an dem Cyrus ihre Turnübungen absolvieren durfte, während er seinen Sommerhit "Blurred Lines" (verschwommene Grenzen) zum Besten gab. Nun ist auch er dran.
Allerdings brauchte es dazu neuseeländische Jurastudentinnen. Die Frauen Anfang 20 (absolutes Zielgruppen-Alter) haben eine gelungene Videoparodie mit Namen "Defined Lines" (definierte Grenzen) ins Netz gestellt, die für hitzige Diskussion und Streit bei Youtube sorgt.
"Du willst es doch auch"
Schon der Text von "Blurred Lines" hatte im vergangenen April Empörung und Abscheu hervorgerufen, weil Thicke darin das traditionelle wie widerliche Klischee des männlichen "Du willst es doch auch" catchy auf den Groove lege, dass Frau "Ja" meine, wenn sie "Nein" sage. Natürlich ist die besungene Frau "eine Schlampe", und "Ich weiß, du willst es / Aber du bist ein gutes Mädchen / So wie du mich packst / Willst du es dreckig".
Und damit nicht genug: Im dazugehörigen Video ließen sich der Anzug tragende Thicke und seine Kollegen T.I. sowie Über-Produzent Pharrell Williams von bis auf einen hautfarbenen Stringtanga nackten Models umtanzen, die sich befummeln und jagen lassen oder auch auf einem ausgestopften Hund reiten (?). Neben der ewig wiederkehrenden Einblendung von "#Thicke", darf der Zuschauer auch noch lesen, dass Thicke "einen großen Schwanz" habe. Alles in allem könnte man den Stil als eine komplett schiefgegangene Kombi aus Mario Barth und Justin Timberlake beschreiben. Allerdings beleidigt das Timberlake ganz gewaltig. Thickes Erklärung zum Video war übrigens ebenso beeindruckend dämlich: Weil er Ehemann und Vater sei, sei die Herabwürdigung von Frauen ein besonderer Spaß. "Wir wollten alle Tabus brechen", sagte er im Interview mit "GQ". Welche Tabus fragt sich frau nach einem Blick ins Showgeschäft. Aber bitte, was hat es denn nun mit dieser neuseeländischen Videoparodie auf sich?
Das ist Frauenhass
Adelaide Dunn, Olivia Lubbock und Zoe Ellwood aus Auckland haben den Spieß umgedreht und lassen - im Stil von Femen trifft Beyoncé (für Letztere nicht beleidigend) - smarte Frauen von bis auf weiße Unterhosen nackten Männern umtanzen. Dazu gibt es einen gepfefferten neuen Text: "Nur weil du es willst, belästige mich nicht / Du kannst mich nicht einfach nehmen / Das ist eine Straftat" oder auch "Was du im Fernsehen siehst, ist keine Gleichberechtigung, sondern Frauenhass".
Nun sollte man meinen, dass auf Youtube, diesem bodenlosen Pool an Unglaublichkeiten, wo Thickes Video lange ungehindert zu klicken war, auch Platz sei für dessen Parodie. Falsch gedacht! "Defined Lines" wurde kurzerhand gesperrt. Erst nach einem Sturm der Entrüstung über zweierlei Maß und dem Vorwurf des Sexismus wurde es wieder online gestellt. Dafür läuft Thicke jetzt in einer "sauberen Version". Aber natürlich ist Miley Cyrus' Auftritt noch zu sehen. Denn - und damit schließt sich der Kreis - ihr zungenschlabberndes, fast nacktes Rumgehopse war tatsächlich eine offensichtlich missglückte Anspielung auf Thickes Video. Kapiert hat es nur niemand.
Und wenn niemand den Witz versteht, ist es einfach ein schlechter Witz. Oder eine Gesellschaft, die auf Frauen erst mal mit dem Satz "Sie wollte es doch" reagiert.