Nach dreijähriger Tourpause hat Madonna zum Auftakt ihrer neuen Welttournee mit einer extravaganten Show voller politischer und religiöser Anspielungen tausende Fans begeistert. Zur Eröffnungsnummer erschien die 45-Jährige am Montagabend auf der Bühne des völlig ausverkauften "Forum" in Los Angeles noch wie gewohnt ganz sexy in einem glitzernden Korsett. Doch schon bald wurde das "Material Girl" kämpferisch.
Jimi Hendrix lässt grüßen
Militärhubschrauber dröhnten auf Videoschirmen vorbei und vermittelten einen Hauch von "Apocalypse Now", dem wahrscheinlich bekanntesten aller Anti-Vietnamkriegsfilme. Aus der sexy Lady wurde in Windeseile eine Kriegerin in Tarnstreifen. Ihre Bühnentänzer verwandelten sich in Soldaten, die mit Liegestützen militärischen Drill vormachten. Zum Sound herabpfeifender Bomben - Jimi Hendrix und seine in Woodstock auf der Gitarre zerfetzte US-Nationalhymne "Star- Spangled Banner" ließen grüßen - sang Madonna "American Life". Klarer hätte die Anspielung auf den Irak-Krieg und der künstlerische Protest dagegen kaum ausfallen können.
Zu den bewegendsten Momenten der "Re-Invention"-Show (etwa: Wiedererfindung) gehört Madonnas Interpretation der John-Lennon-Hymne "Imagine" über den Traum von einer friedlichen Welt ohne Gier und ohne Hunger. "Mir kamen einfach die Tränen", berichtete eine Konzertbesucherin später, "als dazu auch noch Bilder von verwundeten Kindern gezeigt wurden."
Gerüchte über Morddrohung
Weniger deutlich blieben Madonnas Anspielungen auf ihr Bekenntnis zur mystischen altjüdischen Kaballah-Lehre, als im Hintergrund immer wieder hebräische Texte ohne Übersetzung eingeblendet wurden. Angeblich hatte die Pop-Diva Konzerte in Israel abgesagt, weil sie von palästinensischen Terroristen Morddrohungen gegen sich und ihre Kinder Lourdes (7) und Rocco (3) bekam. Doch die Sängerin ließ derartige Gerüchte, die eine britische Boulevardzeitung in die Welt gesetzt hatte, von ihrer Sprecherin Liz Rosenberg dementieren.
Nahostkonflikt spielt bei ihrer Bühnenshow eine Rolle
Madonna habe "keinerlei derartige Drohungen erhalten", erklärte sie. Die fast 60 Sicherheitskräfte des Popstars vermittelten allerdings nicht den Eindruck, dass sich die Sängerin völlig sorgenfrei unter die Leute begeben kann. Ihre Sprecherin räumte ein, dass Madonna "vor etlichen Monaten" eine Israel-Tour erwogen und wegen Sicherheitsbedenken verworfen habe. Dies sei jedoch wegen der allgemeinen Gefahr von Terroranschlägen in Israel geschehen und keineswegs wegen konkreter Drohungen. Auf jeden Fall spielt der Nahost-Konflikt in Madonnas neuer Bühnenshow eine Rolle. Auf einem Video sind ein palästinensischer und ein israelischer Junge Arm in Arm als gute Freunde zu sehen.
Nach drei Konzerten in der kalifornischen Metropole wird die Sängerin, die auch diesmal nicht auf ihren Schultüten-BH als Markenzeichen verzichtet, unter anderem in Las Vegas, Miami und im New Yorker Madison Square Garden auftreten. Mitte August kommt sie nach Europa. In London gibt Madonna mit sechs Auftritten die meisten Konzerte der "Re-Invention"-Tour. In Paris geht sie vier Mal auf die Bühne. Insgesamt werden mehr als 750.000 Fans zu den 50 geplanten Shows erwartet, bei denen die Pop-Ikone neben neueren Songs etliche Hits aus ihrer über 20-jährigen Karriere präsentiert.