Salzburger Festspiele Schauspielstars abserviert: Wer soll jetzt den "Jedermann" spielen?

Michael Maertens und Nicole Heesters
Michael Maertens und Nicole Heesters spielten 2023 im Salzburger "Jedermann", nun wurden ihre Engagements trotz Zusagen nicht verlängert.
Die Leitung der Salzburger Festspiele hat überraschend ein ganzes Ensemble abgesetzt. Wer immer auf Bühnenstar Michael Maertens folgt, tritt ein kompliziertes Erbe an.

Es ist wahr, dass über Michael Sturmingers dritter Inszenierung des "Jedermann" kein guter Segen hing. Zu hell leuchtete noch das Schauspiel der vergangenen Jahre, in dem sich die Bühnenstars Lars Eidinger und Verena Altenberger des Werkes bemächtigt und es zu ihrem ganz persönlichen genialen Bühnenrausch verwandelt hatten. Zu sehr fühlte sich der ambitionierte Regisseur herausgefordert, sich noch einmal selbst zu übertreffen. Mit Eidinger war ihm das Meisterwerk gelungen, das altertümlich anmutende Sinnstück kurz nach seinem 100. Geburtstag ungeahnt nah und heutig zu interpretieren. Als sich alle fragten, was danach noch kommen solle, war Sturminger wild entschlossen, eine Antwort zu liefern.

Ein Regisseur, der sich selbst übertreffen wollte

Der Theatermann hatte es im Sommer 2023 mit einer noch radikaleren Neudeutung versucht, er verlegte das "Spiel vom Sterben des reichen Mannes" in eine zeitnahe apokalyptische Zukunft, ließ den Salzburger Dom, der seit jeher als Kulisse dient, ins obligatorische Orange der Klimasprayer der "Letzten Generation" tünchen, die zuverlässig auch als reale Protestierer im Zuschauerraum auftauchten. Dazu spielte die genial sphärische Musik der steirischen Experimentalmusikerin Anja Plaschg. Die Hauptdarsteller Valerie Pachner und Michael Maertens, eigentlich beide Traumbesetzungen für dieses Stück, gingen zwischen den vielen unausgereiften Ideen der Inszenierung verloren. Die Kritiker nörgelten, das Publikum war genervt, die Festspielleitung alarmiert.

Neuer Jedermann?
Philipp Hochmair und Festspiel-Präsidentin Kristina Hammer bei einer "Jedermann"-Premiere im Salzburger Domviertel
© Franz Neumayr/Action Press

Nun also der Versuch eines Befreiungsschlages, der leider als Schlag ins Gesicht eines großartigen Ensembles endet: Die Festspielleitung gibt bekannt, dass nicht nur die Inszenierung, sondern gleich alle Schauspieler trotz mancher mündliche Zusagen, und sogar teilweise geltender Verträge im kommenden Sommer nicht auf die Freiluftbühne vor dem Salzburger Dom zurückkehren werden. Davon betroffen sind nicht nur Maertens und Pachner, sondern auch Schauspielstars wie Nicole Heesters, Helmfried von Lüttichau oder Bruno Cathomas. "Mich hat diese Entscheidung, die ohne ein einziges Gespräch mit mir getroffen wurde, überrascht und verwundert", sagte Maertens gegenüber der österreichischen Nachrichtenagentur APA. 

Inzwischen hat sich auch Intendant Markus Hinterhäuser zu Wort gemeldet, man habe eine "wirklich profunde Analyse" vorgenommen. "Das war für uns alles andere als einfach und durchaus schmerzlich, und uns ist auch vollkommen klar, dass diese Entscheidung für die bisher Beteiligten ebenfalls schmerzlich ist." Warum dies aber bedeuten muss, dass die Leitung der Festspiele wie ein Firmenboss bei "Hire & Fire" auftritt, und mit den Schauspielern und Künstlerinnen nicht vorab gesprochen wurde, bleibt schwer nachzuvollziehen.

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