Es hilft ja alles nichts: Wir müssen kurz über Dieter Bohlen reden. Den Bohlen, der nicht singen kann, der andere aber genau deswegen in die Mangel nimmt. Nur muss auch der schärfste Kritiker zugeben, dass der Mann ein Gespür für Musik hat, die sich Millionen Mal verkaufen lässt. Wenn man ganz ehrlich ist, müsste man sogar einräumen, dass es bei "Deutschland sucht den Superstar" schon so manches Mal ein großes Glück war, ihn in der Jury zu haben - weil Bohlen offenbar als einzigem auffällt, wenn ein Kandidat wirklich schlecht gesungen hat. Und weil er nicht davor zurückschreckt, das offen auszusprechen, selbst wenn das Publikum ihn dafür ausbuht.
Mit der Ehrlichkeit ist es längst vorbei. Seit Samstagabend steht endgültig fest: Bohlen ist die Leistung der verbliebenen Kandidaten völlig schnuppe, er sucht sich einen nach dem anderen heraus, den er nicht mehr dabei haben will, und versucht ihn rauszuätzen. Bei Julia Falke war das so, bei den Enns-Brüdern - und nun ausgerechnet bei Max Buskohl, dem kaum einer zugetraut hatte, überhaupt so weit zu kommen.
Bohlen ekelt in Etappen
"Ich glaube, es ist dir eh scheißegal, was ich hier sage, also ist mir auch egal, was du singst", polterte Bohlen nach Max' erstem Auftritt mit "All right now". Und nach einem fantastischen zweiten mit "When you were young" von den Killers: "Mir hat's nicht gefallen." Das war die größte Lüge, die Bohlen in dieser Staffel erzählt hat.
Max ist der letzte der Kandidaten, der noch so etwas wie frischen Wind in die Show bringen kann, die bereits seit geraumer Zeit vor sich hin dudelt. Immerhin hat er die RTL-Zuschauer am Samstag mit einem Killers-Song überrascht. Sonst werden bloß die größten Hits der 70er, 80er und 90er rauf- und runtergesungen, und wenn er nicht von Pink ist, darf kein Song jünger als ein Jahr sein. Bohlen hat die Abwechlsung (und den sehr gelungenen Auftritt dazu) schlicht ignoriert. Er ekelt in Etappen. Nur diesmal hat es nicht geklappt.
"Ich wär dafür, dass Henn raus muss."
Am Ende der siebten Mottoshow, in der die Kandidaten einen Titel aus den 70ern und einen Song ihrer Wahl singen durften, um ihn einer ganz speziellen Person zu widmen, musste Martin Stosch gehen. Der 16-Jährige hatte zwar keinen schlechten Auftritt geliefert - aber die drei übrigen Kandidaten sind nicht so steif und so introvertiert, wenn die Kamera läuft.
Bei Mark Medlock hat es vorher noch einmal richtig gekracht: Bereits in der vergangenen Woche kritisierte Juror Heinz Henn Medlock übertrieben hart, obwohl der souverän auf der Bühne gestanden und gesungen hatte. Bohlen, der Medlock vermutlich gerne als Sieger sehen würde, urteilte nachher über seinen Kollegen: "Mit Musiksachverstand hat das nichts mehr zu tun. Ich wäre eher dafür, dass der Henn raus muss."
Die großen Patzer blieben aus
Am Samstag ging das Affentheater weiter. Bei Medlocks erstem Auftritt wetzte Henn wieder das Messer, obwohl der Offenbacher "You're The First, The Last, My Everything" von Barry White wirklich klasse gesungen hatte. Es sah so aus als urteile Henn weiter negativ, bloß um gegen Bohlen nicht klein beigeben zu müssen. Der wiederum saß am anderen Ende des Jurypults und äffte Henn wortlos nach, was das Publikum mit heftigem Gelächter goutierte. Was für ein Theater!
Musikalisch gesehen war es immerhin ein gelungener Abend: Die großen Patzer blieben aus. Lisa Bund setzte sich als einzige Frau in der Runde mit einem Weather-Girls-Titel und "Das Beste" von Silbermond durch, was Bohlen in Verzückung brachte, der seit Beginn der Staffel auf die Wiederentdeckung der deutschen Sprache in der Popmusik schwört (aber Sängerin Stefanie Kloß trotzdem nur als "die Frau von Silbermond" kennt).
Nachher zeigte RTL weinende Teenager im Publikum, während Martin Stosch seinen Rauswurf auf der Bühne mit einem feinen Lächeln hinnahm, und man wusste nicht so genau: Haben sich Take That schon wieder getrennt?
Die Schwester brachte keinen Ton raus
Tränen hatte es schon zuvor gegeben, als Stosch "Und Wenn Ein Lied" von den Söhnen Mannheims seinen beiden Schwestern widmete, weil sie gemeinsam die Trennung der Eltern durchgestanden haben. Die große Schwester saß gerührt im Publikum, und dass RTL die kleine mit ihren acht Jahren nachher auf die Bühne schickte, um ein auswendig gelerntes Sätzchen aufzusagen, war zuviel des Rührigen - zumal das Mädchen so überwältigt war, dass es keinen Ton herausbrachte. Medlock widmete sein Lied seinem verstorbenen Vater, Lisa ihren Eltern, und Max gleich allen, die ihn unterstützt haben.
4,5 Millionen sahen zu - eine kleine Erholung gegenüber der Show aus der Vorwoche, wenn auch mit schlechterem Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen. Von den Glanzwerten der Castingshows ist "DSDS" längst weit entfernt.
Im Halbfinale treten in der nächsten Woche nun Lisa Bund, Mark Medlock und Max Buskohl gegeneinander an. Dann wird es aber auch langsam Zeit, dass Deutschland für dieses Jahr seinen Superstar gefunden hat. Und wenn "DSDS" danach, wie Bohlen diese Woche angekündigte, tatsächlich in eine weitere Runde geht, dürfte zumindest die Wahrscheinlichkeit einer Neuauflage des Duos Bohlen/Henn gegen null tendieren. Ein neuer Fußabtreter für Bohlen wird sich problemlos finden lassen.