"Tatort"-Presseschau "Die Dramaturgie hat Rücken vom dauernden Durchhängen"

Mehr als 13 Millionen Zuschauer schalteten den Münster-"Tatort" ein - und bescherten Thiel und Boerne eine neue Rekordquote. Die deutschen Fernsehkritiker waren dagegen wenige begeistert.

Können 13 Millionen Fernsehzuschauer irren? Nach übereinstimmender Meinung des deutschen Feuilleton muss die Frage mit "Ja" beantwortet werden. Denn obwohl der aktuelle Münster-"Tatort" eine neue Rekordquote eingefahren hat, zeigen sich die TV-Kritiker wenig begeistert. Es hagelte Verrisse. Eine Übersicht über die prägnantesten Passagen:

"welt.de"

Die heftigste Abrechnung kommt aus der Feder von Elmar Krekeler. "Den Inhalt dieser Kriminalkomödie bekommen selbst wenig begabte Drehbuchschreiber der Vorabendserie 'Heiter bis tödlich' mühelos in 45 Sendeminuten unter", schreibt Krekeler auf "welt.de". "'Mord ist die beste Medizin' ist als Kriminalgeschichte ein Whodunit, so dünn wie Krankenhaustee. (...) Kein Arztscherz, der einem binnen fünf Minuten einfällt, wird ausgelassen. Und keine absurde Krankenbettenkonstellation. Es wird herzlich schlecht gespielt. Gern und vollkommen unironisch werfen alle alle naselang vollständig unverständliche Fachbegriffe in die Pathologie dieses Falles. (...) Die Dramaturgie hat Rücken vom dauernden Durchhängen."

"Spiegel Online"

Auch Christian Buß kann dem Fall wenig Positives abgewinnen: "Die Pointen sitzen wie ausgelatschte Schlappen, das Timing wirkt sediert, die Handlung schleppt sich wie am Tropf voran. (...) Drehbuchautorin Dorothee Schön (...) hat Mühe, den schwierigen Krankenhausstoff ins Münsteraner Humorkorsett zu quetschen", bilanziert Buß auf "Spiegel Online".

"Süddeutsche Zeitung"

Kaum besser die Kritik in der "Süddeutschen Zeitung": "Arztwitze aus der Apothekenzeitung und die übliche Nummernrevue: Der Münsteraner 'Tatort' handelt von Deals mit verfälschten Medikamenten und ist selbst eine Mogelpackung", kritisiert Holger Gertz in dem Blatt.

"faz.net"

Die Folgen aus Münster seien zu berechnend geworden, moniert Oliver Jungen auf "faz.net" und resümiert: "Das Langweiligste ist der Fall selbst: Es geht - wieder einmal - um die Pharma- und Klinik-Mafia, (...). Allenfalls Details dieser immer gleichen Geschichte werden also variiert, und die wirken diesmal ziemlich uninspiriert, lassen schnell erahnen, was gespielt wird."

"Tagesspiegel.de"

Etwas freundlicher bewertet Kurt Sagatz die Folge: "Ein Lehrstück mit besonderem Erkenntnisgewinn ist 'Mord ist die beste Medizin' allerdings nicht geworden. Dass mit der Gesundheit viel Geld verdient werden kann, nicht nur auf ehrliche Weise, hat manchen Thriller beschäftigt. (...) Immerhin haben es Dorothee Schön und Regisseur Thomas Jauch geschafft, einige Dialoge zum Thema Krebs unterzubringen, bei denen die Zuschauer in anderen Filmen heftig hätten schlucken müssen. Vor allem aber dürfen Jan Josef Liefers als versnobter Rechtsmediziner und Axel Prahl als griesgrämiger Kommissar einmal mehr zu Höchstform auflaufen", schreibt Sagatz auf "Tagesspiegel.de".

stern.de

Auch Kollege Dieter Hoß will den Fall nicht total verdammen: "Die ungewohnte Milde, ein eindimensionaler Fall, wenig Spannung selbst im Showdown - auch Helden sind mal müde. Immerhin ist Boerne wieder gesundet, zurück an alter Wirkungsstätte und voller Tatendrang", schreibt er mit ungewohnter Milde auf stern.de.

Zusammengestellt von Carsten Heidböhmer

PRODUKTE & TIPPS