Analyse Provinzfürsten vergraulen Jauch

Günther Jauchs Absage, im Ersten zu moderieren, ist eine peinliche Niederlage für die ARD. Der Senderverbund ist mit seiner föderalen Struktur offenbar nur bedingt handlungsfähig - und nicht in der Lage, Fernsehstars von Format an sich zu binden.

Mit einem Paukenschlag hatte alles begonnen: Als die ARD im vergangenen Juni verkündete, Günther Jauch werde die Nachfolge Sabine Christiansens Antreten und ab Herbst 2007 einen Sonntagabend-Talk im Ersten moderieren, schien dem Senderverbund ein großer Coup geglückt. Schließlich hatte man sich den populärsten und gleichzeitig glaubwürdigsten TV-Moderator Deutschlands geangelt.

Auch für Jauch war die neue Aufgabe ein Glücksfall, lockte der attraktive Sendeplatz doch mit großem Renomée und der öffentlich-rechtlichen Adelung für den TV-Journalisten. "Das ist sicher eine der spannendsten Aufgaben, die es im nächsten Jahr im deutschen Fernsehen geben wird", ließ der Moderator damals verlauten. Er hatte es wirklich gewollt.

Dass Jauch nun entnervt das Handtuch geworfen hat, ist der föderalen Struktur der ARD geschuldet, in der neun Intendanten der zusammengeschlossenen Landesmedienanstalten bei der Gestaltung des Programms mitreden dürfen - und dies leider auch ausgiebig tun. Ein entschlossenes Handeln mit klaren Entscheidungsprozessen ist unter dieser Bedingung nicht möglich.

Am Geld hat es nicht gelegen

Der Vertrag mit Günther Jauch war in Grundzügen schon seit langem ausgehandelt, alle strittigen Fragen waren geklärt: Jauch ließ zahlreiche Werbeverträge auslaufen und nahm keine neuen an. Nur ein generelles Werbeverbot wollte er sich nicht in den Vertrag schreiben lassen. Das war auch von den ARD-Verhandlungsführern akzeptiert worden. Dass er weiterhin für RTL arbeiten wolle und auch stern TV behalten werde, hat er von Anfang an klargestellt. Und auch das nahm man bei der ARD hin. Geld war ohnehin nie das Problem: Jauch hatte sich schon frühzeitig mit dem für Sabine Christiansens Sendung üblichen finanziellen Rahmen bereit erklärt.

Doch dann schlug die Stunde der Provinzfürsten. Ständig äußerten sie neue Wünsche, den Vertrag mit Jauch nachzubessern - und das, obwohl es bereits eine Einigung gab, die die Intendanten "einmütig akzeptiert" hatten, wie NDR-Intendant Jobst Plog beklagt. Wer sich hier an Edmund Stoibers Gebaren bei der Gesundheitsreform erinnert fühlt, kommt dem absurden Theater sicher recht nahe.

"Ohne Jauch geht die ARD-Welt nicht unter"

So ließ es sich die künftige WDR-Intendantin Monika Piel nicht nehmen, lange vor ihrem Amtsantritt am 1. April neue Bedingungen für Günther Jauch zu fordern. "Entweder ist einer bei uns oder bei den Kommerziellen", sagte Piel in einem Interview mit der "Zeit". In einem anderen Magazin forderte WDR-Rundfunkrat Marc Jan Eumann von Jauch, sein Engagement bei stern TV aufzugeben. Und der ARD-Vorsitzende Fritz Raff ließ im "Spiegel"-Interview nicht gerade ein überbordendes Interesse an dem Moderator durchblicken: "Ohne Jauch geht die ARD-Welt nicht unter".

Als dann auch noch Forderungen aufkamen, er solle seine Sendung den Chefredakteuren der ARD unterwerfen, mag sich Günther Jauch irgendwann gedacht haben, dass seine eigene Welt ohne die ARD auch nicht untergehe. Jetzt hat er die Reißleine gezogen und eine Absage erteilt.

Für die ARD ist es eine Katastrophe. Nicht nur wegen des Image-Verlusts. Schwerer wiegt, dass in dem ganzen Theater um den Verpflichtung des Moderators deutlich geworden ist, wie sehr der Senderverbund von den aufgeblasenen Egos der Regionalfürsten abhängt. Solange sich die ARD mit dieser föderalen Struktur selbst blockiert, wird sie nicht in der Lage sein, Schwergewichte vom Format eines Günther Jauch an sich binden zu können.

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