DSDS Jugendschützer gegen Bohlen-Terror

  • von Björn Erichsen
Bittere Tränen und Blamagen - wenn Bohlen bei DSDS draufhaut, platzen Teenagerträume im Minutentakt. Nun haben Jugendschützer ein Prüfverfahren gegen RTL eingeleitet. Der Sender sieht es gelassen - aus gutem Grund.

"Was ist der Unterschied zwischen euch und einem Eimer Scheiße? Der Eimer!" So und ähnlich rülpst sich Dieter Bohlen gerade mal wieder als Chef-Juror durch die RTL Casting-Show "Deutschland sucht den Superstar." Mit Beginn der vierten Staffel ist er geradezu zur Höchstform aufgelaufen, fieser, motziger, und fäkaler als je zuvor.

Selbstverständlich gehören derlei Pöbeleien zum festen Kalkül der Show. Die Gesangseinlagen dürften die meisten Zuschauer weit weniger interessieren als das Niedertrampeln von Teenager-Träumen vor laufender Kamera. Wer wollte da an dem Gerücht zweifeln, dass so manche der Kandidaten in den überlaufenen Vorcastings einzig deshalb ausgewählt werden, weil sie als mediales Kanonenfutter für Bohlen und Co. geeignet scheinen?

Diesem Treiben würde die "Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten", kurz KJM, gerne einen Riegel vorschieben. Die staatlichen Medienwächter sehen die Jugend durch Bohlens Beleidigungen und Bloßstellungen gefährdet und haben daher ein Prüfverfahren gegen RTL eingeleitet. "Mögliche sozialethische Desorientierung von Kindern und Jugendlichen" lautet der Vorwurf, den es nun zu überprüfen gilt.

"Antisoziales Verhalten wird hier von einer Identifikationsfigur wie Bohlen als cool und Erfolg versprechend dargestellt", sagt der Vorsitzende der KJM, Professor Wolf-Dieter Ring. "Respektlosigkeiten im Umgang miteinander gehören zu der Machart der Sendung. Es handelt sich nicht um singuläre Entgleisungen, sondern offenbar um eine bewusste Inszenierung durch den Sender."

Sendezeitbeschränkung für DSDS?

Sollte sich der Verdacht erhärten, könnte DSDS mit einem vollständigen Ausstrahlungsverbot belegt werden. Das ist allerdings nicht sehr wahrscheinlich. Realistischer ist, dass RTL mit einer bloßen "Beanstandung" davon kommt, oder aber eine Sendezeitbeschränkung für DSDS hinnehmen müsste. Die Casting-Show dürfte im diesem Fall nicht mehr vor 22.00 Uhr ausgestrahlt werden.

Erklärte Bohlen-Gegner sollten sich nicht zuviel von einem Prüfverfahren der KJM erwarten - vor allem kein schnelles Verfahren. Zur Bearbeitung tritt ein Prüfungsausschuss zusammen, der wiederum Empfehlungen von mehreren Prüfgruppen erhält, die zunächst das gesamte relevante Material sichten müssen. Sollte danach eine Sanktion im Raum stehen, könnte sich RTL erstmal zu den Vorwürfen äußern, außerdem stünde im Sanktionsfall immer noch der Rechtsweg offen: Ein Verfahren, das insgesamt Monate, wenn nicht gar Jahre dauern könnte.

RTL bleibt gelassen

RTL nimmt den Vorgang daher mit Gelassenheit zur Kenntnis. "Wer DSDS auf harte Jury-Sprüche reduziert, hat die Sendung noch nicht gesehen", sagt eine Sprecherin des Senders. "Ernst gemeinte Kritik nehmen wir durchaus Ernst." Selbstverständlich äußert sich auch Bohlen zum Vorhaben der KJM. In seiner Hauspostille, der Bildzeitung, verkündet er gewohnt deftig: "Wenn die alle das täten, was sie mich mal können, dann käme ich nie zum Sitzen!"

Für alle Fans von DSDS gibt es auf jeden Fall Entwarnung, zunächst geht erstmal alles weiter wie bisher - wohl auch mit gewohnt hoher Quote. Die letzte Sendung sahen rund 7.3 Millionen Zuschauer, bei einem satten Marktanteil von 20 Prozent. Infolge der Schlagzeilen der letzten Tage, dürften es bei der nächsten Folge kaum weniger sein.

Traumquote trifft Jugendschutz

Und die KJM muss zur Kenntnis nehmen, dass bei dem Versuch, Bohlen per Prüfverfahren einen Maulkorb zu verpassen, zunächst einmal nichts anderes als kostenlose Werbung für DSDS herausgekommen ist. Jedoch gibt sich Verena Weigand, Sprecherin der KJM gegenüber stern.de überzeugt, dass die Entscheidung richtig war. "Das darf überhaupt kein Argument sein, nicht in Sachen Jugendschutz tätig zu werden."

PRODUKTE & TIPPS