Fernsehen kann süchtig machen. Fernsehmachen noch viel mehr. Kaum haben Moderatoren sich von einem Sender verabschiedet, sei's aus freien Stücken oder auf allgemeines Drängen, ziehen sie fröhlich winkend durchs Hintertürchen wieder ein. Kein halbes Jahr ist es her, dass Sabine Christiansen dem jahrelangen Flehen der Fernsehkritiker nach- und ihre sonntägliche Talkshow aufgab - da künden die Zeitungen schon wieder von ihrer Rückkehr ins Erste, mit einer Show, die einen Ausblick aufs kommende Jahr geben soll. Auch Marianne und Michael basteln, kaum hat das ZDF die Einäscherung ihrer "Lustigen Musikanten" ausgerufen, bereits an einem neuen Format. Herr Michael gibt sich kämpferisch: "Jetzt erst recht: Wir geben noch mal richtig Gas."
Internetfernsehen für Senioren
Von Margarethe Schreinemakers ist zu hören, sie bereite ebenfalls ihr Comeback vor, das dritte seit dem Ende ihrer Talkshow - diesmal im Internet. "Ich habe mir jetzt ein eigenes kleines TV-Studio in meinem Haus eingerichtet", gab sie im Medienfachblatt "Frau im Spiegel" bekannt. Seit zwei Jahren beschäftige sie sich intensiv mit Internet-TV, da liege die Zukunft des Fernsehens. Dagmar Berghoff, zum Jahrtausendwechsel mit allen Ehren von der "Tagesschau" verabschiedet, drängt es ebenfalls zurück ins Fernsehen, wie sie in Interviews wissen ließ, "es kommt aber nur die große Show in Frage"; ihr langjähriger "Wunschkonzert"-Mitpräsentator Max Schautzer, der auf seinen altersbedingten Rauswurf bei der ARD mit der Gründung eines Seniorenkanals antworten will, denkt angeblich schon über eine Zusammenarbeit nach.
Comeback für Fortgeschrittene
Das Geheimnis gelungener Comebacks ist ein möglichst früher Rückzug. Robert Lembke, der 1955 mit "Was bin ich" begonnen hatte, kam bereits nach drei Jahren zu dem Schluss: "Ich glaube, man soll mit einer solchen Sendung aufhören, solange sie noch gefällt." Die Nachfolgesendung fiel beim Publikum durch, und so ließ Lembke von 1961 an erneut Berufe erraten, weitere 28 Jahre lang. Hans-Joachim Kulenkampff, der alte Theaterfuchs, machte das Aufhören und Wiederkommen zur Dramaturgie seines Lebens, über Jahrzehnte lieferte er regelmäßig Schlagzeilen wie "Kulenkampff: Nie wieder Show" und "Kuli: Nie wieder Fernsehen?" oder zeterte: "Soll ich vielleicht noch als Opa Fernsehen machen?".
1966 verabschiedete er sich erstmals von "Einer wird gewinnen". Kehrte nach anderthalb Jahren zurück. Hörte 1969 wieder auf. Kehrte 1979 zurück. Hörte 1987 letztmals auf. Schickte die Zuschauer noch eine zeitlang mit literarischen "Nachtgedanken" schlafen. Beerbte zur allgemeinen Überraschung den einige Jahre jüngeren Wim Thoelke als Moderator vom "Großen Preis". Kam beim Publikum nicht an. Schmiss hin. Zog sich zurück. Bis er 1997, vom Krebs gezeichnet, wenige Monate vor seinem Tod noch einmal in den Ring stieg, mit dem Quiz "Zwischen gestern und morgen", das in mehreren dritten Programmen lief und nach drei Ausgaben wegen Erfolglosigkeit abgesetzt wurde.
Gottschalk weiß Bescheid
Es war Anfang der 90er, als Kulis Nachfolger als Showmaster der Nation, Thomas Gottschalk, der Meinung war, Deutschland habe seinen täglichen Gottschalk verdient. RTL machte ihn damals zu Deutschlands erstem Late-Night Talker. Zum Abschied vom ZDF erzählte er überall, "Wetten, dass..?" habe keine Zukunft. "Zuerst hat die Sendung mich getragen, am Ende habe ich die Sendung tragen müssen", sagte er dem stern, "große Tanker sind eben nicht mehr gefragt". In der "Bild am Sonntag" dozierte er: "Die Qualität der Wetten ist auf Dauer nicht zu halten.
Ein Jahr geht noch, dann würde die Suppe verdammt dünn." Und schlug in der "Hamburger Morgenpost" vor: "Ich würde einen Newcomer ranlassen und ,Wetten, dass‘ auf eine Stunde verkürzen." Gottschalk floppte bei RTL. Dem armen Wolfgang Lippert, der zwischenzeitlich "Wetten, dass..?" am Laufen gehalten hatte, nahm das ZDF daraufhin die Sendung wieder weg. Gottschalk kehrte zurück auf seine Couch. Und hat sich bis zum heutigen Tag nicht mehr von ihr erhoben.