Endlich! Die alten Männernetzwerke beim Sender von TV-Urgestein Alex Levy (Jennifer Aniston) sind raus, nun sitzt sie mit am Drücker. Alex ist da, wo sie immer hinwollte – warum nur, scheint ihr trotzdem alles zu entgleiten? "Egal, was passiert, werde keine Führungskraft", zischt sie gleich in der ersten Folge der neuen Staffel von "The Morning Show" ihrer persönlichen Assistentin zu. Die Erfolgsserie von Apple TV+ ist mit Runde vier zurück und dreht sich dieses Mal um die Frage: Was passiert, wenn Frauen an der Macht sind?
"The Morning Show" setzt zwei Jahre nach dem Ende der dritten Staffel ein, im Jahr 2024: Die Olympischen Spiele von Paris stehen an – und damit ein großer Übertragungsdeal für den neu zusammengeführten US-Sender UBN, an dessen Spitze jetzt gleich drei Frauen thronen. Neben Aushängeschild Alex und CEO Stella Bak (Greta Lee) lernen wir neu die Vorstandsvorsitzende Celine Dumont (Oscar-Gewinnerin Marion Cotillard) kennen. Es gilt, die Zuschauer an die Marke zu binden, Werbegelder einzutreiben, KI schlau einzusetzen und gleichzeitig journalistisch integer zu bleiben. Doch machen die Frauen es wirklich besser – oder zeigen sie die gleichen patriarchalen Muster aus Ego, Gier und Affären wie ihre männlichen Vorgänger?
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"The Morning Show": Frühstücksfernsehen mit Biss
Ausgerechnet die ehrgeizige Stella droht über ein besonders altes Klischee zu stolpern, doch auch die Loyalitäten von Alex und Bradley Jackson (Reese Witherspoon) werden jeweils auf unterschiedliche Weise getestet. Schaffen sie es, möglichst das Richtige zu tun – auch, wenn das Spiel selbst schmutzig ist? Alex für ihren Teil, muss nun ständig Leute feuern, Gefallen einlösen, Feuer löschen – sie halte den ganzen Laden "mit Klebeband und Kaugummi zusammen!", herrscht sie zwischendurch ihre Ex-Rivalin Bradley an. Dabei war sie mal angetreten, um auszumisten, alles neu und anders zu machen.
Im feministischen Diskurs ist es längst eine Binse, dass es eben nicht reicht, einfach nur eine Frau an der Spitze zu haben. Natürlich kann diese ebenso misogyn oder rassistisch handeln wie ein Mann – ob aus internalisiertem Glauben heraus oder dem schieren Bedacht auf den eigenen Vorteil, ist dann auch egal. Nur wer mit der Macht gezielt und verantwortungsvoll umgeht, kann den Status quo verändern und dabei die Schwächsten stärken. Wie komplex das mitunter aussehen kann, wird in der Serie mit gewohnt wenig Scheu vor Over-the-Top-Momenten ausgelotet. Dabei hilft vor allem die titelgebende UBN-Frühstücksfernsehsendung, in der von Schminktipps bis zu Terror-Attacken über alles berichtet wird.
Reese Witherspoon und Jennifer Aniston haben es vorgemacht
Beim Gucken kommt die eigentlich erstaunliche Erkenntnis: Es reicht oft immer noch, Geschlechterklischees einfach umzudrehen, um der Serie einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. So selten sehen wir Frauen um Machtfragen ringen – oder auch nur ganz schnöde versuchen, den Musikauftritt der Tochter nicht zu verpassen, wenn es gerade im Job brennt. Die Serie schafft es, dabei immer wieder emotionale Momente zu platzieren, lässt aber auch Raum für Comedy-Elemente und Themen der Zeit. Letzteres zum Beispiel immer dann, wenn der an Joe Rogan erinnernde Podcaster Brody (Boyd Holbrook) auftaucht, dessen Show mit Verschwörungstheorien und Werbung für Testosteron-Pillen die Reichweite des Senders in die Höhe treibt. Zum Leidwesen von Alex.
"The Morning Show" war einer der ersten Hits für Apple TV+, entwickelt und produziert unter anderem von Hauptdarstellerin Reese Witherspoon und deren Firma "Hello Sunshine". Auch Aniston produziert selbst mit. Dass die beiden Hollywoodstars mit Ende 40 und Anfang 50 sich so selbst eine Erfolgsserie geschaffen haben, auch, weil es kaum spannende Angebote für Frauen in ihrem Alter gibt, ist bekannt. Mit "The Morning Show" scheinen es zumindest diese beiden Frauen besser gemacht zu haben, als manche Typen.
"The Morning Show", Staffel 4, ist ab dem 17. September mit wöchentlich neuen Folgen auf Apple TV+ zu sehen.