"The Blacklist"
20.15 Uhr, RTL
SERIE Raymond "Red" Reddington lässt Verbrecher hochgehen und inszeniert Anschläge, um seiner Tochter im Geiste, der jungen Agentin Elizabeth Keen, nahe zu sein. Das kriminelle Mastermind stellt sich dem FBI. Im Tausch für seine Immunität und der Erfüllung einer Reihe von unverschämten Sonderwünschen will er eine Reihe von Großkriminellen ans Messer liefern. Zu den Bedingungen gehört: Er wird nur mit der FBI-Agentin Elizabeth Keen (Megan Boone) reden. An ihrem ersten Arbeitstag gerät die frischgebackene Profilerin gleich in den Giftgasanschlag eines serbischen Terroristen und ihr Freund, ein allzu lieber Grundschullehrer, landet blutverschmiert auf der Intensivstation.
James Spader verleiht seinem Reddington eine abgründige Arroganz. Seiner Umgebung ist er immer mehr als nur einen Schritt voraus. Genüsslich tritt er auf den Beamtenseelen der FBI-Agenten herum. Seine wahren Ziele liegen im Dunkeln, seine einzige Schwäche ist die Neigung zu Elizabeth Keen. Es zeigt sich schnell, dass die Lebensgeschichte des FBI-Kükens große, dunkle Flecken hat. Sichtbares Zeichen davon ist eine große Brandnarbe am Handgelenk. Vor allem anderen aber hat Keen einen ausgeprägten Vaterkomplex.
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"Eigentlich kennen wir niemanden wirklich", sagt Reddington und beschreibt damit den Kern der Serie. In "The Blacklist" ist niemand wirklich der, der er zu sein vorgibt. Leben und Identitäten lassen sich von den Personen abschälen, wie die Häute von einer Zwiebel. Im Zentrum dieses Häutungsprozesses steht das Verhältnis von Keen und Reddington. Inmitten von Mord und Anschlägen ist die Serie eigentlich eine Éducation sentimentale für die junge Agentin.
"The Blacklist" kann ab 20.00 Uhr gesendet werden - trotz des Terrorsujets halten sich Sex und Gewalttaten in züchtigen Grenzen. Beim Thema "verschleppte Sexklaven" werden ein paar betäubte Mädchen gezeigt, Folter und Vergewaltigungen bleiben dem Zuschauer erspart. Die Handlung ist turbulent, gespickt mit ansehnlichen Verfolgungsjagden, stattlichen Explosionen und dem ganzen Anti-Terror-Pomp von Hollywood. Beim Zuschauen stellt sich eine angenehme Gänsehaut ein - aber sie kriecht nicht unter die Haut und setzt sich dort fest. Niemand muss fürchten von der "The Blacklist" in den Schlaf verfolgt zu werden. Übervater Reddington ist elegant und überlegen. Aber er ist keine so verstörende Vaterfigur wie der Kannibale Hannibal Lector. Elizabeth Keen hat ihre "daddy issues" und trotz des Aussehens einer perfekten Hochschulabsolventin einen Hang zur ansatzlosen Brutalität, aber sie ist nicht so neben der Spur wie die psychotische Agentin Carrie Mathison aus "Homeland".
Bei allem Rätseln über den Masterplan von Reddington bleibt die Handlung der Folgen nicht allzu rätselhaft. "The Blacklist" ist für ein easy viewing konzipiert. 13 Millionen Zuschauer erreichte sie beim Start in den USA. Auch bei späteren Folgen wird man noch zuschalten können, ohne vorher im Internet nachgeschlagen zu haben. Wenn in Folge zwei Isabelli Rosselini als menschheitsbeglückende Wohltäterin auftaucht, dann ahnt auch der naivste Zuschauer sofort, dass hinter der Fassade bestimmt eine üble Kriminelle lauert. Die Verbrecher sind einfach zu entlarven, trotzdem bleibt die Spannung, denn niemand ahnt, wo die Reise der Gefühle für Keen und Daddy Reddington endet.
Ein TV-Tipp von Gernot Kramper, Redakteur bei stern.de