Neustart Der Arzt, der lieber Almöhi sein wollte

Der Arzt Thomas Meyer verbringt seine Zeit am liebsten mit seiner Frau. Deshalb tauscht er Büroalltag gegen Natur und zieht Vielfalt langweiligen Konferenzen vor - er wird Hüttenwirt.

Medizinstudium, Assistenzarzt, Wissenschaftler und schließlich Geschäftsführer einer florieren­den Firma mit 30 Mitarbeitern zur Erforschung neuer Medikamente. Was will man mehr? Aber mit Wissenschaft und Patienten hatte mein Beruf nicht mehr viel zu tun. Vielmehr saß ich Bankern, Wirtschafts­prüfern, Behörden und Einkäufern gegenüber und musste jeden Tag hart verhandeln.

Mir wurde irgendwann klar, dass ich nach zwölf Jahren als Geschäftsführer so nicht mehr weitermachen möchte. Meiner Frau Petra, die als Dozentin für Computerlinguistik an der Uni in München arbeitete, ging es ähnlich. Sie gab für unseren Neustart den entscheidenden Anstoß.

Aus dem Neustart gelernt? Es gibt wichtigere Werte als Geld und Rendite

Wir waren immer schon in jeder freien Minute draußen in den Bergen, zum Skifahren, Bergsteigen und Mountainbiken. Dadurch sind wir schon auf vielen Berghütten zu Gast gewesen und hatten uns dort immer wohlgefühlt. Wir konnten uns gut vorstellen, selbst gemeinsam eine Hütte zu bewirtschaften. Das tun wir nun und sind seit zwei Jahren Pächter auf der Gufferthütte vom Deutschen Alpenverein im Rofangebirge in Tirol.

Was mich als Hüttenwirt besonders begeistert, ist der enge Kontakt mit netten Menschen. Die Wanderer und Mountainbiker, die aus Freude an der Natur zu uns kommen, zählen hier genauso dazu wie die vielen Einheimischen, die uns herzlich aufgenommen haben.

Abwechslung von morgens bis abends

Zum anderen ist meine Arbeit wirklich abwechslungsreich. Mal bin ich Kindergärtner oder Elektriker, dann wollen Gäste Auskunft über Berge und Routen, ich verarzte Sonnenbrände, suche Wetterberichte heraus oder bin als Schreiner für Reparaturen zuständig. Zu guter Letzt bin ich Wärter für die Kläranlage und Buchhalter.

Früher habe ich meine Frau nur nach Feierabend ge­sehen. Jetzt sind wir beide gemeinsam den ganzen Tag für unsere Gäste da. Das ist das i­Tüpfelchen in meinem heutigen Beruf. Das gepflegte Büro, Dienstreisen, Flüge, Kongresse - ich habe noch nichts von alldem vermisst.

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Aufgezeichnet von Andrea Schaper

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