Das ist so ungerecht! Seit wir Teenager sind, müssen wir uns jeden Monat mit dem Thema Blut auseinandersetzen. Und zwar für rund eine Woche lang. Jeden Monat! Wir müssen Binden oder Tampons kaufen und ständig mit uns herumtragen. Das heißt, ein Kleid, ein Rock, eine Hose ohne Tasche sollten wir in dieser Woche nicht anziehen, denn wer will schon mit seinen Utensilien in der Hand durchs Büro laufen und auf dem Weg x Kollegen Hallo sagen?
Bevor es losgeht mit der Menstruation, brauchen wir Schokolade, sind reizbar und haben schlechte Laune, etwa zwei Tage lang. Währenddessen leiden wir mindestens unter Unterleibs-, Rücken- und Kopfschmerzen, gelegentlich aber auch unter Migräne. Parallel nehmen wir jahrelang die Pille, bis sich herausstellt, dass wir genau die ungesündeste geschluckt haben. Wir wechseln zur Spirale und stellen fest, dass sie andere unerfreuliche Nebenerscheinungen hat. Wir setzen alles ab und werden schwanger. Wir erleben das Wunder Geburt und das Wunder von 30 Kilo mehr auf den Hüften, obwohl das Kind – nach einer oder 72 Stunden, wer weiß das schon vorher? – bereits auf der Welt ist. Wir stillen und lernen dadurch, was Fremdbestimmung bedeutet. Doch all das reicht offenbar nicht.
Wir kommen in die Wechseljahre
Juchhu, könnte man denken, endlich ist das alles vorbei mit den Stimmungsschwankungen, den Tampons, der Verhütung. Nein, das wäre zu einfach. Für die Wechseljahre, die bei westeuropäischen Frauen durchschnittlich 6,5 Jahre dauern, hat sich Mutter Natur einen ganz besonderen Abgang aufgehoben. Sie beginnen relativ harmlos: mit Nachtschweiß. Wir wachen morgens auf und das Schlafshirt weist ein dunkel eingefärbtes V unter dem Hals auf. Klatschnass. Wahlweise steht der gesamte Rücken unter Wasser. Wir beziehen unser Bett und wundern uns, monatelang. Wenn Freundinnen vom gleichen Phänomen berichten, schwant uns was. Aber das kann ja nicht sein, mit braver Regelmäßigkeit kriegen wir unsere Tage.
Die Natur schaltet einen Gang hoch. Wir sitzen im Büro und finden es unerträglich warm. Mitten im Winter. Wir reißen die Fenster auf. Die Kollegen greifen zur zweiten Strickjacke und wickeln den Schal fester um den Hals. Wir überlegen, ob wir auch den Pulli noch ausziehen. Nach fünf Minuten ist es vorbei. Gut gelüftet ziehen wir den Pulli wieder an. Eine Stunde später das gleiche Spiel. Herzlich willkommen, jetzt wissen wir also, was Hitzewallungen sind: Sie beginnen mit einem leichten Kribbeln auf dem Kopf, die Stirn wird heiß wie bei einem Fieberschub und dann, zack, Schweißausbruch. Regelmäßig. Tag und Nacht. Trotz Menstruation. Und das soll jetzt 6,5 Jahre dauern?
Jetzt wird's also kritisch
Plötzlich meinen wir zu wissen, woher das Wort Klimaterium kommt: Klar, erst ist mir heiß, dann wieder normal! Nichts da. Hörfehler. Das Wort heißt nämlich Klimakterium, kommt aus dem Griechischen und wird übersetzt mit "Stufenleiter, kritischer Zeitpunkt im Leben". Bääm! Das aufklärende Googeln sollten wir uns besser sparen. Wir wollen die Begleiterscheinungen lieber nicht wissen, die Schlagworte Schwindelgefühle, Depressionen, Haarausfall, Gewichtszunahme reichen fürs Erste. Erfreulich ist allein, was die Natur sich als Ersatz für den Haarausfall überlegt hat: verstärkter Haarwuchs im Gesicht. Na, danke!
Klar, gibt es Präparate, die uns durch die kurze Zeit 6,5 Jahre Hitzewallungen helfen können, aber sie erhöhen auch das Risiko für Brustkrebs oder Herzinfarkt. Da reicht doch vielleicht erstmal eine Hormonumstellung von 100 auf 0.
Wenn wir als Kind mal neidisch darauf waren, dass Jungs im Stehen pinkeln können, ergreift uns jetzt allmählich der wahre Penisneid. Nicht im freudschen Sinne, sondern wegen dieser irren Ungerechtigkeit. Das Klimakterium virile nämlich "gibt es nicht, da im männlichen Körper zeitlebens vorwiegend männliche Geschlechtshormone vorhanden sind". Wir googeln nun definitiv nicht weiter.