Einkommensteuer Das unterscheidet die Steuerklassen 1 und 4

Grafik: eine Frau lässt Geld in die Hand einer anderen Frau fallen
Die Steuerklasse ist relevant für die Höhe des Nettoeinkommens
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Die Steuerklasse entscheidet darüber, wie viel Geld ein Haushalt jeden Monat zur Verfügung hat. Verheiratete und Alleinerziehende haben Wahlmöglichkeiten – für mehr Netto.

Es ist wie so oft im deutschen Steuerwesen: Was auf den ersten Blick einfach aussieht, wird umso kniffliger, je genauer man auf Details blickt. Das gilt auch für die Wahl der Steuerklasse.

Einfach ist es nur für Arbeitnehmer, die ledig sind, verwitwet, dauerhaft getrennt oder geschieden – und keine Kinder unter 25 Jahren im Haushalt haben. Sie haben automatisch die Steuerklasse 1. Doch es gibt fünf weitere Steuerklassen. Sie berücksichtigen verschiedene Lebens- und Einkommenssituationen von Beschäftigten (siehe Tabelle unten). Und: Man kann per Antrag beim Finanzamt zwischen einigen hin und her wechseln, auch mehrfach im Jahr. Eine kluge Wahl der Steuerklassen ist besonders für Verheiratete relevant.

Steuerklasse wechselt mit der Hochzeit

Mit der Hochzeit ordnet das zuständige Finanzamt beiden Ehepartnern automatisch je die Steuerklasse 4 zu, unabhängig von derer beider Einkommen. Das ist im Grundsatz gut. Einen finanziellen Vorteil hat es jedoch zunächst nicht. Denn der Steuersatz unterscheidet sich nicht von Klasse 1. Bei der jährlichen Abrechnung, der Einkommensteuererklärung, wendet das Finanzamt jedoch automatisch den Splitting-Tarif für die Eheleute an – es kommt in der Regel kommt zu einer höheren Erstattung.

Das getraute Paar hat also nach Steuererklärung – über ein Jahr gesehen – mehr netto zur Verfügung. Solange beide Partner in etwa gleich viel verdienen, ist die Steuerklasse 4 denn auch die vernünftige Wahl.

Der wichtigste Unterschied von Steuerklasse 1 und 4 ist die Möglichkeit des sogenannten Faktorverfahrens. Das kann man für Steuerklasse 4 in der gemeinsamen Steuerveranlagung bei seinem Finanzamt beantragen. Vereinfacht ausgedrückt, wird dabei der Splitting-Tarif für Eheleute schon vor der Einkommensteuererklärung, also Monat für Monat, angewendet. Das mindert die laufend einbehaltenen Steuern. Genutzt wird dieses Verfahren, das es seit 2010 gibt, jedoch nur von sehr wenigen Paaren. Denn eine andere Steuerklassen-Wahl ist nicht selten günstiger.

Spannend wird es, wenn die Einkommen von Verheirateten nennenswert unterschiedlich hoch sind. Finanzexperten rechnen vor, dass bei einer Einkommensverteilung ab 60 zu 40 ein Wechsel aus Steuerklasse 4 in die Klassen 3 und 5 hilfreich sein kann, also zu mehr Netto in der Haushaltskasse von Getrauten führt. Auch deutlich mehr als beim Faktorverfahren. Denn in Klasse 3 wird dem höheren Einkommen deutlich weniger abgezogen als in Klasse 4. Im Gegenzug steigt der Abzug in Klasse 5 für das niedrigere Einkommen. In Summe ist der laufende Steuerabzug für den gemeinsamen Haushalt geringer.

 

Steuerklasse... für ...... ergibt ...
1kinderlose Singles, Verwitwete, Geschiedene, Getrennte 
2Alleinerziehende (auch Geschiedene, Getrennte)höheren Entlastungsbetrag
3Verheiratete, die mehr als ihr Partner verdienenhöheren Grundfreibetrag
4Verheiratete mit nahezu gleichen Einkommenmögliches Faktorverfahren
5Verheiratete, die weniger als ihr Partner verdienengeringere Nettobezüge vor Steuererklärung
6mehrere sozialversicherte Arbeitsverhältnisse  

 

Der Fiskus gewährt Verheirateten, die die Steuerklassen 3 und 5 wählen, eine Art Vorschuss gegenüber Klasse 4. Rund 40 Prozent der Eheleute in Deutschland wählen diese Steuerklassen-Aufteilung. Ob ihr Steuervorteil von Bestand ist, zeigt sich jedoch erst nach der Einkommensteuererklärung. Im ungünstigen Fall müssen Verheiratete mit den Klassen 3 und 5 sogar Steuern nachzahlen. Die Wahrscheinlichkeit dafür steigt, je weniger Aufwendungen und Werbungskosten das Paar in der Steuererklärung geltend machen kann. Vereinfacht ausgedrückt, war dann der monatlich gewährte Steuervorteil des deutlich höher Verdienenden in Klasse 3 "zu hoch". 

Man ahnt, welche Lebensumstände zu hohen Einkommensunterschieden bei Verheirateten führen können: Arbeitslosigkeit eines Partners, Elternzeit oder auch Wechsel in Teilzeitbeschäftigung. Und an dieser Stelle wird es in puncto Steuerklassen-Wahl wirklich knifflig. Denn der Steuervorteil der Klasse 3 lässt sich gezielt einsetzen, ist aber eine sehr individuelle Rechnerei.

Mit Steuerklassen-Wechsel jonglieren?

Die Höhen von Arbeitslosengeld (ALG I) und Elterngeld werden auf Basis des Nettoeinkommens der Vormonate berechnet. Für jenen Partner oder Partnerin, der in Steuerklasse 5 arbeitslos wird oder Elterngeld beantragt, würden beide Leistungen also deutlich geringer ausfallen als in Klasse 3. Davor kann Verheiratete ein rechtzeitiger Wechsel der Steuerklassen bewahren, idealerweise zwölf Monate vor Beginn der Arbeitslosigkeit oder des Mutterschutzes.

Doch Vorsicht: Das höhere Einkommen bis zu einem Jahr lang mit Steuerklasse 5 zu versehen, also das monatliche Netto aus diesem Gehalt deutlich zu drücken, schmälert die Haushaltskasse mitunter erheblich. Ob sich dieser Netto-Verzicht (vor Steuererklärung) nennenswert lohnt, ist eine individuelle Rechenaufgabe. Denn das Ergebnis hängt von den Einkommen eines Paares und den persönlichen Steuerumständen ab. Und die zeigen sich erst in der Einkommensteuererklärung.

fd

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