Nach Titel-Entzug Royal-Experte: "Prinz Andrew ist jetzt auf sich alleine gestellt"

Prinz Andrew
Prinz Andrew wird nicht länger im Dienste der Krone stehen, die Queen hat ihn entfernt
© Yui Mok/ / Picture Alliance
Die Queen hat Prinz Andrew seine militärischen Ränge und Schirmherrschaften genommen. Zu sehr lastet der drohende Missbrauchsprozess gegen ihn auf der Monarchie. Royal-Experte Omid Scobie sagt im stern-Interview, was hinter den Palastmauern geschehen ist.

Virginia Roberts Giuffre beschuldigt Prinz Andrew, sie mehrfach sexuell missbraucht zu haben, als sie minderjährig war. Der zweitälteste Sohn von Queen Elizabeth bestreitet die Vorwürfe. Doch noch in diesem Jahr könnte ihm der Prozess gemacht werden. Seinen Einspruch hatte der New Yorker Richter Lewis Kaplan am Mittwoch abgewiesen. Einen Tag später teilte der Buckingham Palace offiziell mit, Andrew habe seine militärischen Ränge und seine karitativen Schirmherrschaften mit der Zustimmung der Queen abgegeben. Zudem, so britische Medien, werde der Prinz seine Anrede "Seine Königliche Hoheit" nicht länger offiziell nutzen. Dies gelte ebenso für seinen Herzogtitel. Über die jüngsten Geschehnisse sprach der stern mit dem Royal-Experten und Bestseller-Autor Omid Scobie.

Herr Scobie, waren Sie überrascht vom Statement der Queen und dem Wording, das sie gewählt hat?

Ich war nicht überrascht, weil seine letzte Möglichkeit, einen Prozess zu verhindern, mit der Entscheidung von Richter Kaplan dahin war. Ich dachte immer, dass die Royal Family in diesem Moment alles tun würde, um sich von ihm zu distanzieren. Dass dieses Statement auch das Wort "Privatperson" beinhaltet, zieht die stärkste Linie zwischen sie und Andrew. So sagt die Queen öffentlich: Jetzt ist er auf sich gestellt. 

Wie konnte es so weit kommen?

Diese Gespräche laufen seit geraumer Zeit. Viele Menschen haben die Frage, ob er seine Titel verliert, schon vor zwei Jahren gestellt, als Prinz Harry seine verlor. Aber die Queen hat alles getan, was sie konnte, um Andrew zu beschützen und ihm die Vorteile eines royalen Lebens zu gestatten – bis zum wirklich letzten Moment. Heute Morgen hat die Anti-Monarchie-Bewegung "Republic" verkündet, dass sie einen Brief mit 150 Unterschriften von Veteranen, die Andrews Entfernung von seinen militärischen Rängen fordern, an die Queen geschickt haben. Wenn du soweit bist, dass die Öffentlichkeit darum bittet und das eine Institution ist, die der Öffentlichkeit dient, kann man das ab einem gewissen Punkt nicht mehr ignorieren. Hätte es länger gedauert, hätten die Menschen zunehmend verändert auf die Queen geblickt. Ihr Thronjubiläum steht bevor – und das wäre das Letzte gewesen, was man wollte.

Bei der Entscheidungsfindung hat die Queen nicht nur mit Thronfolger Charles und Prinz William gesprochen, sondern auch mit Prinzessin Anne und Prinz Andrew. Das ist schon erstaunlich, oder?

Als wir vom Palast über die Vorgänge in Kenntnis gesetzt wurden, hat man uns mitgeteilt, dass die Entscheidung in der erweiterten Familie besprochen wurde. Jeder wurde einbezogen. Bevor solch eine Entscheidung getroffen wird, wird die Frage, wer übernimmt welche Aufgaben, diskutiert. Denn diese militärischen Titel und karitativen Schirmherrschaften müssen von anderen Mitgliedern der Royal Family übernommen werden. Deshalb war es nur natürlich, dass die Entscheidung vor der Verkündung in dieser Runde besprochen wurde. Am Ende geschah sie auf das Geheiß der Queen. Aber jedes Familienmitglied hat gesagt, es muss sich etwas tun.

Hat Prinz Andrew als Mitglied der Familie die Unterstützung seiner Familie in der Causa Giuffre?

Ja, er hat sicherlich die Unterstützung von einigen Familienmitgliedern. Aber es ist kein Geheimnis, dass diese Saga einen Keil zwischen ihn und vor allem Prinz Charles getrieben hat. Dieser ist frustriert und wütend auf seinen Bruder, dass er die Situation nicht angemessen behandelt hat. Abgesehen davon gibt es trotzdem das Gefühl in der Familie, dass Andrew unschuldig ist. Es ist die Art, wie er damit umgegangen ist, die manche ihre Haare raufen ließ. 

Andrew war so verzweifelt, seinen Namen reinzuwaschen und endlich wieder in einem gewissen Ausmaß für die Krone zu arbeiten – auch wenn es so unwahrscheinlich war –, dass es ihn davon abgehalten hat, sich ganz zurückzuziehen. Die richterliche Entscheidung hat nun für Klarheit gesorgt: Der Fall wird vor Gericht gehen – ob er es mag oder nicht. Einige sehr ernste Fragen werden gestellt werden und er wird unter Eid antworten müssen. Die gegnerischen Anwälte werden nach seinem Intimbereich fragen, nach seiner Krankenakte. Das Mitglied der Königsfamilie, der geliebte Sohn der Queen in dieser Position, es ist unmöglich, dass er seine Funktionen weiter ausübt. Denn nicht nur die Royal Family leidet darunter, sondern auch die Charitys und die Organisationen, mit denen er in Verbindung gebracht wird. Ich habe mitbekommen, dass viele von ihnen unbedingt wollten, dass er seine Aufgaben abgibt. 

Glauben Sie, dass diese Entscheidung das Ende ist oder können Sie sich ein Szenario vorstellen, in dem Andrew auch sein Herzog- oder gar der Prinzentitel aberkannt wird?

Das Herzogtum ist sein Geburtsrecht. Damit kam er auf die Welt. Aber ein Palastmitarbeiter sagte mir heute Abend, dass er niemals mehr seine militärischen Ränge und seine Schirmherrschaften zurückbekommt. Das sei ihm deutlich klar gemacht worden.

Viele Royal-Fans mutmaßen, dass der Titel Herzog von York jetzt genauso verbrannt sein könnte wie der Herzog von Windsor. Der Letzte, der ihn trug, war schließlich König Edward VIII.

Wenn den Titel ein Kind übernehmen würde, wäre es vermutlich Prinz Louis, der jüngste Sohn der Cambridges. Aber angesichts des Rufs, der nun mit ihm kommt, kann ich mir nicht vorstellen, dass William das möchte.

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