"Ich weiß nicht, wer ich ohne dich bin", weint er. Er sei erschaffen worden nur für sie, für Barbie. Doch irgendwann reicht das nicht mehr. Ken in der Lebenskrise.
Spoiler Alert! Wenn Sie nichts über den Inhalt des Kinofilms "Barbie" erfahren wollen, lesen Sie bitte nicht weiter.
Ich gebe zu, ich habe als junges Mädchen eine Barbie besessen. Keinen Ken – und er hat mir auch nicht sonderlich gefehlt. 30 Jahre später werden die Puppen mit den Modelmaßen zum Leben erweckt und ausgerechnet der Plastikmann "ohne Genitalien" (O-Ton Barbie) will eine eigenständige Persönlichkeit haben. Gähn – doch dann erscheint Ryan Gosling auf der Leinwand.
Ryan Goslings Ken ist mehr, als ein Schönling in Pastellfarben
Blondiertes Haar, Waschbrettbauch, coole Dance-Moves und dann dieser herzzereißende Augenaufschlag ... Ja, Regisseurin Greta Gerwig versteht es, die Optik ihres Hauptdarstellers so einzusetzen, dass sich bei so mancher Zuschauerin und manchem Zuschauer der Puls erhöht. Doch Ryan Gosling einzig und allein auf seine Fähigkeit, in einem neonfarbenen Sport-Outfit, das den 80er-Jahre-Aerobic-Looks alle Ehre gemacht hätte, nicht dämlich auszusehen, wäre, nunja, ziemlich dämlich.
In knapp zwei Stunden macht Gosling in seiner Rolle eine wundersame Wandlung durch. Vom aalglatten Schönling, der keine Aufgabe hat, außer Barbie anzuhimmeln und am Strand rumzustehen – Rettungsschwimmer oder Surfer ist er definitiv nicht –, zum Anführer einer Rebellion, die das Patriarchat einführen will – und Pferde liebt. Und Cowboy-Looks mit Fransen. Und einen Pelzmantel, der einem Luden aus den 80er Jahren zur Ehre gereicht hätte. Ken stürzt das Barbie-Land, das – oh Wunder – von Barbies regiert wurde, ins Chaos.
Dabei geht es für Ken um mehr: "Was braucht es, damit sie den Mann hinter der Sonnenbräune sieht", singt er in einem musicalhaften Song, der an eine Boygroup-Performance erinnert. Mit viel Charme und Leichtigkeit in der Schwermut erweckt Gosling seine Figur zum Leben. Neben Barbies Erwachen in der Realität, macht Ken eine kleine Emanzipation durch. Wer ist er ohne Barbie, ohne Strand, ohne die geschniegelte Optik? Verletzlich, mutig, humorvoll und mit kräftiger (Gesangs-)Stimme führt Ryan Gosling seine Figur durch das knallbunte Barbie-Land und die weniger farbenfrohe Realität. Nicht nur, aber vor allem seinetwegen hat der Film zahlreiche leichte und lustige Momente. Stiehlt er Margot Robbie, die Barbie spielt, die Schau? Vielleicht. Eines ist er auf alle Fälle: KENough.