Der Rechtsanwalt war einer der profiliertesten CSU-Politiker. Seinen Spitznamen 'Old Schwurhand' bekam er nach einer Falschaussage im 'Spielbankenprozess' von 1959 STERN: Sagt eigentlich noch jemand 'Old Schwurhand' zu Ihnen?
ZIMMERMANN: Das beschränkt sich auf ein paar ältere Journalisten. Aber ich erlebe es immer mal wieder, dass Leute auf der Straße den Minister a. D. irgendwie erkennen und nun darüber rätseln, wer ich bin.
STERN: Lösen Sie das Rätsel?
ZIMMERMANN: Manchmal gehe ich rüber und sage dem, der auf mich gewettet hat: 'Ich bin es. Sie haben gewonnen.'
STERN: Vermissen Sie den Status, prominent zu sein, Macht zu haben, ein Ministerium zu leiten, mit all den damit verbundenen Privilegien?
ZIMMERMANN: Nachdem ich mit knapp 66 Jahren mein Amt als Verkehrsminister aufgegeben hatte, war da schon eine große Leere. Heute sage ich mir, ich hätte früher aufhören sollen. Meine Frau kocht wunderbar. Einmal pro Woche kommen auch die beiden längst erwachsenen Töchter zum Essen.
STERN: Was macht der Bundesminister a. D. Zimmermann heute?
ZIMMERMANN: Der ist in seine alte Anwaltskanzlei eingetreten. Ich bin da der Älteste, habe einen Sonderstatus, kann mir meine Fälle aussuchen und zu Hause arbeiten.
STERN: Was war denn der letzte Fall?
ZIMMERMANN: Ein Münchner Unternehmer. Bei dem waren Büro und Wohnung von der Staatsanwaltschaft durchsucht worden, weil sie ihn wegen verbotener Preisabsprachen und wegen Steuerhinterziehung verdächtigte.
STERN: Mit welchem Ende?
ZIMMERMANN: Die Staatsanwaltschaft hat soeben die Unterlagen zurückgeschickt. Die Preisabsprachen sind vom Tisch. Mit der Steuer muss man sehen.
STERN: Helfen dabei die alten Kontakte aus mehr als 20 Jahren politischer Arbeit in mehreren Ministerien und der Führungsriege der CSU?
ZIMMERMANN: Die, zu denen ich einen kurzen Draht hatte, sind heute alle in Pension, sitzen in Aufsichtsräten, und viele sind auch schon tot. Für die meisten ihrer Nachfolger bin ich kein Begriff.
STERN: Aber im Parteivorstand der CSU sitzen Sie noch.
ZIMMERMANN: Ich habe das Recht der Anwesenheit ohne Stimmrecht. Einmal im Jahr melde ich mich zu Wort.
STERN: Ihr letzter Beitrag?
ZIMMERMANN: Ich habe Herrn Ministerpräsidenten Stoiber darin unterstützt, dass ein Bodenkrieg im Kosovo keine Alternative ist.
STERN: Vor allem während Ihrer Zeit als Innenminister galten Sie als 'Hardliner'. Hat sich das inzwischen geändert?
ZIMMERMANN: Ich schätze mich ganz anders ein. Nämlich als humorvoll, als fröhlich und als einer, der gerne mit Freunden zusammensitzt und der viele Freunde hat. Dass ich mich darum bemüht habe, meine Aufgaben korrekt und zuverlässig zu erfüllen, versteht sich von selbst.
STERN: Was ist aus dem Bismarck-Bild geworden, das früher in Ihrem Amtszimmer hing?
ZIMMERMANN: Das ist an den Bundestag als Eigentümer zurückgekehrt. Und ich habe gesehen, dass Herr Müntefering, mein dritter Nachfolger, mit meinem alten Schreibtisch nach Berlin umgezogen ist.
STERN: Gibt es eine Entscheidung, die Sie inzwischen bedauern?
ZIMMERMANN: Ich möchte die Schlachten von gestern nicht noch einmal schlagen.
STERN: Wenn Sie heute im Fernsehen Ihre Nachfolger sehen, was geht Ihnen da durch den Kopf?
ZIMMERMANN: Da sag ich mir: Ihr Armen. Und ich kann morgen, wenn es mir gefällt, um vier Uhr in der Früh aufstehen und in mein Jagdrevier bei Salzburg fahren.