Bei den Frauen ist die Sache ja einfach: Maßlosigkeit ist das Maß der Dinge, wenn es um den Schuhschrank geht. Der Pariser Luxusschuster Pierre Hardy, der auch für das Haus Hermès arbeitet, meint, dass jede Frau zwischen 50 und 250 Paar Schuhe besitzen sollte. Weniger ist zu wenig, und mehr ist leicht verrückt, aber auch nicht wirklich gefährlich. Männer werden solche Dinge nie verstehen. Für sie ist eine gute Garderobe möglichst überschaubar und vielseitig nutzbar. Deswegen investieren sie lieber in Geschmacksverirrungen wie Klettersandalen und "Edelsneakers", die sie für jederzeit und überall passend halten. Was für ein Irrtum!
Unstrittig ist, dass auch der Mann ein gewisses "Arsenal" an Schuhen braucht. Nicht nur die Jahreszeiten, sondern auch bestimmte Lebenssituationen erfordern ganz bestimmte Fußbekleidung. Flipflops sind am Strand super, im Restaurant aber daneben. Ein Turnschuh passt so wenig zum Begräbnis wie die geschnürten Brogues zum Segeltörn. Sonst allerdings sind die Brogues, deren Wurzeln in den schottischen Highlands zu finden sind, sehr vielseitige Alltagsschuhe. Seine mit Lochmustern verzierten Flügelnähte geben dem Schuh etwas Sportives, das mit einem Tweedanzug genauso harmoniert wie mit einer Baumwollhose. Zum feinen dunklen Wolltuch aber passen besser der polierte Oxford mit quer liegender Kappennaht, der schlichte Derby oder, je nach Anlass, auch der glänzende Lackschuh. Letzterer ist zum Smoking ein Muss.
Nun gibt es natürlich auch noch den Typus Sneakers-Mann. Er glaubt, seine modischen Defizite unter dem Deckmantel des gewollten Stilbruchs kaschieren zu können, und trägt seine Nikes oder Pumas zum Anzug wie zur Jeans. Das war irgendwo um die Jahrtausendwende ganz kurz originell, doch inzwischen sind wir schon sechs Jahre weiter. Seither haben David Beckham, Brad Pitt, Jake Gyllenhaal und Adrien Brody gezeigt, dass man sich heute sehr viel mehr erlauben kann, als die veralteten Stilratgeber mit ihren altmodischen "No brown after six"-Leitsätzen vorgeben. Diese Herren, Schürzenjäger allesamt, wissen, dass die Frauen den Männern zuerst auf die Schuhe schauen. Sind die Schuhe richtig gewählt, kann der Rest ruhig etwas lässig angepackt werden. Wobei lässig nicht bedeutet, dass ein Mann seinen Look dem Zufall überlassen sollte. Deswegen noch ein paar weitere Grundsätze über den gelungenen modischen Auftritt eines Mannes: Nichts kleidet einen Mann so vorteilhaft und überzeugend wie ein Anzug. Er wird zurzeit eher tailliert getragen, bevorzugt einreihig und auf zwei Knöpfe geschlossen, wobei der unterste offen bleibt. Der Hosensaum endet einen Zentimeter über der Absatzkante. Das Sakko des Anzugs kann auch leger zu einer guten Jeans getragen werden, allerdings stets mit einem langärmligen Hemd aus feiner Baumwolle mit herausnehmbaren Kragenstäbchen. Kurzarmhemden zum Sakko sind ein Fauxpas; ein Buttondown-Kragen sollte offen und ohne Krawatte getragen werden. Manschettenknöpfe mit Doppelmanschette sind abends Pflicht, tagsüber vornehme Option. Gürtel und Schuhe werden in Farbe und Material aufeinander abgestimmt. Geflochtenes Leder oder Stoffgürtel gehören in die Freizeitgarderobe. Vorsicht bei den Socken: Zum Business-Outfit gehören grundsätzlich nur lange Kniestrümpfe.
Was sonst noch in den Kleiderschrank gehört: ein dunkelblauer Blazer, einige Poloshirts aus Baumwollpikee, Cashmerepullover mit V-und Rundhals-Ausschnitt, auch solche mit Rolli; ordentliche, nicht zu stark verwaschene Jeans; ein Trenchcoat und ein kürzerer Allround-Reisemantel.
Zum Schluss wird's nun noch mal schwierig, denn selbst wenn die richtigen Kleidungsstücke gewählt sind, muss jetzt geschickt kombiniert werden, denn es geht ja darum, die Persönlichkeit zu unterstreichen. Wer dann noch den Mut hat, gelegentlich die Regeln zu brechen, kann für sich verbuchen, "stilsicher" zu sein.