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Manchmal habe ich den Eindruck, ich hätte eine ansteckende Krankheit, die sich bloß niemand einfangen will. "Und? Gibt es da mittlerweile jemanden?", wird dann vorsichtig gefragt. "Nö", lautet meine Antwort. Dann folgt ein Gesichtszirkus: kurzes Zucken in den Brauen, millisekundenlanges Verziehen der Mundwinkel, beginnendes Rattern. Sehr dünnes Eis! Am Ende kommt meist ein unbeholfenes "Oh" dabei heraus, während sich im Kopf meines Gegenübers ein lauter Hilfeschrei, ob der Peinlichkeit der Situation, Bahn bricht.
Einsam sind Singles nur, wenn sie Einsames tun
Irgendwann beschloss ich also, einen Twitter-Aufruf zu starten. Dabei bemerkte ich nicht nur, dass ich nicht allein bin, sondern dass andere Menschen noch viel schlimmere Freunde als ich haben. Hier kommen die dreistesten Fragen und Kommentare.
"Was ist mit Sex?"
Nun, was ist mit diesem Sex? Den kann ich doch weiter haben. Ich verstehe die Frage nicht. Klar, vielleicht nicht immer auf Abruf und zeitweise nicht ganz so häufig, aber wenn ich will, dann findet sich schon jemand. Zumal ich wirklich alle Frauen, ob in Beziehungen oder nicht, dazu ermutigen möchte, auch selbst Hand anzulegen.
"Bist Du nie einsam?"
Um ehrlich zu sein, liegt die ausbleibende Einsamkeit vielleicht daran, dass ich in einer Großstadt lebe. Manchmal wünsche ich mir tatsächlich etwas Einsamkeit. Es kommt auch immer darauf an, wie man Einsamkeit definiert. Klar bin ich oft allein, aber ich habe mich nie einsamer gefühlt als in den Momenten, in denen sich mein Ex-Freund und ich langsam, aber spürbar, voneinander distanzierten. Hilda Burke, Psychologin, Paartherapeutin und Life Coach in London, erzählte im Gespräch mal von einer Patientin, die sich im Trennungsprozess befand. Die Patientin sprach in ihren Sitzungen davon, dass ihre Single-Freunde sie vermehrt zu einem Schlussstrich ermutigten, weil sie unglücklich schien, während jene Freunde, die in Beziehungen waren, nachhakten, ob nicht doch noch "was zu retten" sei. "Ich glaube, in solchen Fragen manifestiert sich oft das Bedürfnis, die eigenen Entscheidungen bestätigt zu wissen", so Burke. Einsam ist also, wer Einsames tut.
"Du findest auch noch jemanden …"
Mach Dir keine Sorgen, jeder Mensch hat einen Seelenverwandten. Der Zeitpunkt war bei Dir wahrscheinlich nur noch nicht der richtige. Es wird passieren, wenn Du es am wenigsten erwartest." Dieser Rat wurde einer Freundin von mir gegeben, als sie die Frage, ob sie aktuell jemanden datet, mit einem einfachen "Nein" beantwortete.
Ausgehend von einem veralteten "Prince-Charming"-Bild kann ich Euch außerdem sagen, dass ich häufig jemanden finde, sogar ziemlich häufig. Dieser Jemand ist dann für einen Abend mein "Prince Charming", oder ein paar mehr Abende, oder immer mal wieder, aber es ist niemand, der bleibt. 80 Prozent der Männer, die ich kennenlerne, sind für mich relativ schnell wieder erledigt. Zehn Prozent werden Freunde oder Bekannte, mit sieben Prozent gehe ich ins Bett und nur drei Prozent sind so toll, dass daraus wirklich etwas werden könnte. Ich möchte hier nicht abgestumpft klingen, aber ich möchte eben auch meine Standards nicht einfach herunterschrauben. Jemand, der langfristig in mein Leben tritt, sollte es wesentlich bereichern und nicht einfach nur eine automatisierte Begleiterscheinung sein.
"Ich hab' da eine Freund, der auch …"
Ich habe eine Freundin, die das immer mal wieder versucht. Und ich bin mir sicher, sie meint es nur gut. Aber ich habe eine Nachricht für alle, die ihre Single-Freunde auch schon mal verkuppeln wollten: Wenn wir wirklich gut zusammenpassen sollten, dann wird sich das beim nächsten Geburtstag oder einem sonstigem Event, schon ergeben. Alles andere wäre erzwungen und irgendwie gekünstelt.
"Probier' doch mal Tinder aus"
Warum? Kann mir das bitte jemand erklären? Dass andere Menschen das aus Spaß an der Freude nutzen, ist schön und gut. Aber warum soll ich Tinder runterladen, um einen Menschen kennenzulernen? Sollte ich mein Leben lang single bleiben, wird es dann darauf geschoben, dass ich nie eine Dating-App ausprobieren wollte? Im Übrigen ist die App ganz explizit nicht dazu geschaffen worden, die Liebe des Lebens zu finden. Klar, manchmal passieren Zufälle, aber im Grunde ist es doch eher eine One-Night-Stand-Vermittlung. Warum also sollte ich für etwas, das ich auch live haben kann, eine App nutzen?

"Hast Du Probleme damit, Leuten zu vertrauen?
Sowas von! Aber hat die nicht jeder? Und ist das nicht gewissermaßen auch gesund? Wer bewegt sich denn in dieser Welt und vertraut jedem Menschen einfach so? Vertrauen ist nicht mit Selbstaufgabe gleichzusetzen. Ich kann vertrauen, aber meine Liebe wird nicht bedingungslos sein. Ich bin der Meinung, dass Liebe nie bedingungslos sein sollte; außer zwischen Eltern und ihren Kindern.
"Ich habe eine Freundin, die ist auch schon ewig Single"
Und jetzt? Sollen wir einen Club zusammen gründen?
"Willst Du denn gar keine Kinder?
Hach, diese Frage ist einfach so geladen. Zu allererst will nicht jede Frau auch Kinder. Vielleicht will sie aber Kinder, jedoch keine eigenen. Vielleicht kann sie keine Kinder kriegen. Vielleicht möchte sie das Kinderkriegen aber auch einfach nicht von einem Partner abhängig machen. Da soll es ja heutzutage auch schon andere Möglichkeiten geben. Egal wie die Frage gemeint ist, im Single-Kontext sollte sie nicht gestellt werden.
"Irgendwas machst Du bestimmt falsch"
Da ist er, der alles vernichtende Kommentar. Man wäre zu wählerisch, beziehungsunfähig, einschüchternd. Es ginge uns allen besser, wenn wir die Dinge einfach mal so akzeptierten, wie sie zur Zeit nun mal sind.