Inzwischen haben die meisten von uns vermutlich das Stalker-Drama "You" auf Netflix gesehen. Oder zumindest davon gehört. Oder die Buchvorlage gelesen. Jedenfalls wissen wir, dass es darin um einen jungen Mann geht, dessen Besessenheit von einer Frau so sehr überhand nimmt, dass er sie stalkt und dann – naja, wir wollen hier jetzt niemanden spoilern.
Die Geschichte mag irgendwie übertrieben wirken, aber ist sie das wirklich? Oder haben wir – besonders durch Social Media – heutzutage eigentlich viel mehr Möglichkeiten, Menschen, die uns vorher nicht bekannt waren, aufzuspüren und auszuhorchen?
Eine junge Frau aus Bromsgrove in England erfuhr das nun am eigenen Leib. Die 20-jährige Lynda teilte Screenshots einer SMS-Unterhaltung auf Twitter, bei denen einem nur kalte Schauer den Rücken hinunter laufen können. "Ich habe letztens kurz mit jemandem im Zug gesprochen, wir haben keine Social-Media-Informationen oder so ausgetauscht und heute hat er mir eine SMS geschrieben. Ist es albern, dass mir das ein bisschen Angst macht?"
Spoiler-Alert: Nein, ist es nicht.
"Hey, hier ist Josh aus dem Zug letztens. Einer deiner Freunde hat mir deine Nummer gegeben, hoffe das ist okay." Während viele die Nachricht vermutlich einfach ignoriert und die Nummer blockiert hätten, antwortete Lynda (überraschend freundlich): "Hey, um ehrlich zu sein, ist das ein bisschen creepy. Wer hat dir meine Nummer gegeben? Und, warte, wie hast du überhaupt meine Freunde gefunden?"
Er habe sie auf Instagram gesucht, schreibt Josh, dort gesehen, dass sie ein paar Leuten folge, die er kennt und diese dann nach der Nummer gefragt.
Auf die berechtigte Frage, ob er es nicht für weniger creepy halten würde, wenn er ihr einfach bei Instagram geschrieben hätte, anstatt fremde Menschen nach ihrer Nummer zu fragen, antwortet er flapsig (er hielt es vermutlich für charmant): "Du bist halt kein Mädchen, das man über die Insta-Privatnachrichten anschreibt. Da schreibe ich nur Mädchen, die ich flachlegen will. Dich will ich kennenlernen." Meeeeeeeensch, romantisch!
Erst Stalking, dann Erpressung – läuft bei Josh
Auf die Frage, wer ihre Nummer weitergegeben habe – würden wir auch wissen wollen, allein schon, um der Person gehörig in den Arsch zu treten –, antwortet Josh nur "Sag ich dir am Donnerstag." Äh, Donnerstag? Auch Lynda ist verwirrt, fragt nach: "Wieso Donnerstag?" "Weil ich dich Donnerstag ausführe, dann können wir quatschen." BITTE!? Lynda: "Definitiv nicht."
Man würde meinen, dass das klare Signale ihrerseits wären. Aber nein, anscheinend nicht. Josh: "Wieso bist du jetzt so komisch? Ich will dich doch nur kennenlernen." ACHSOOOO! JA DANN!
Genau wie uns, wurde es hier auch Lynda irgendwann zu bunt: "Das ist nicht charmant. Es ist komisch und invasiv und du kannst nicht einfach entscheiden, dass ich mit dir ausgehen werde." YOU GO, GIRL! Einzig logische Reaktionsmöglichkeit für Josh: Erpressung. "Wenn du es wissen willst, ist das die Voraussetzung. Deine Entscheidung. Aber ich kann sehen, dass du noch nie korrekt behandelt worden bist. Ich habe Tage gebraucht, um an deine Nummer zu kommen und jetzt tust du so, als wäre ich irgendein Stalker." Ähhhh... Merkste selber, nä?
Twitter rät Lynda, zur Polizei zu gehen
Auf die immer noch überraschend sanfte Abfuhr von Lynda reagierte der Typ übrigens eingeschnappt. Natürlich.
Auch die Twitter-Community fand die Aktion des Mannes nicht unbedingt charmant und riet der jungen Frau sogar, sich bei der Polizei zu melden. Immerhin könne es sein, dass dies nicht das erste Mal sei, dass er die Grenzen anderer Menschen so selbstbewusst überschreite und er wisse jetzt, mit welchem Zug sie fährt. Auch zweifeln sie an, dass er die Nummer tatsächlich von einem ihrer Freunde bekam und raten ihr, ihre Social-Media-Profile zu überprüfen.
So, wir müssen jetzt mal eben alle unsere Vorhänge zuziehen und das Sicherheitsschloss verriegeln.
Im Video: "Berliner Polizei sucht nach Frau, weil ein Beamter sie kennenlernen möchte"
