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"Fridays For Future" will CO2-Steuer Zwischen Kontostand und Klima: Warum ich möchte, dass alles teurer wird

Demonstration Fridays For Future
In Berlin und vielen anderen Städten weltweit demonstrieren junge Menschen jeden Freitag für besseren Umweltschutz
© Luisa Ducret / DPA
Die "Fridays For Future"-Bewegung fordert eine CO2-Steuer, um die Klimaziele zu erreichen. Für unseren Autor wäre das eine Maßnahme, die ihn zu nachhaltigem Verhalten motivieren könnte – allein schafft er es nämlich nicht.

Vielleicht begann alles mit den Samstagvormittagen am Küchentisch. Mit dem kostenlosen Anzeigenblättchen, bei dem ich später mein erstes Praktikum machen sollte, flatterten auch die Angebote der umliegenden Supermärkte ins Haus. Mit Rotstift kreiste meine Mutter ein, wo sie zuschlagen wollte. Am Nachmittag fuhr mein Vater die Tankstellen ab, um den günstigsten Spritpreis zu finden. Sparen wurde bei uns großgeschrieben. Umweltschutz und Nachhaltigkeit weniger.

20 Jahre später gehen auf der ganzen Welt junge Menschen auf die Straßen, weil sie um ihre Zukunft fürchten. Um ihre Zukunft im existenziellsten Sinne: ihren Planeten, ihren Lebensraum. Die "Fridays For Future"-Bewegung hat in dieser Woche Forderungen vorgelegt, mit denen die Klimaziele erreicht werden sollen. Dazu gehört auch die Einführung einer CO2-Steuer auf klimaschädliche Treibhausgase. Das würde kurz gesagt bedeuten, dass Produkte und Dienstleistungen, bei deren Herstellung oder Durchführung CO2 ausgestoßen wird, teurer werden.

Das Portemonnaie bestimmt unseren Lebensstil

Wir, als Verbraucher, würden das zu spüren bekommen. Aber das muss auch so sein – denn wahrscheinlich ist der Blick aufs Portemonnaie und den Kontostand immer noch das, was uns am meisten dazu motiviert, nachhaltig zu leben. Mehr als schmelzende Polkappen oder zwei Grad Klimaerwärmung. Das ist traurig, aber es ist wohl leider so. Zumindest bei mir.

Seit den Samstagvormittagen am Küchentisch habe ich zwar gelernt, dass Fleisch und Flüge schlecht fürs Klima sind, den inneren Sparfuchs haben mir meine Eltern aber weitervererbt. Ich bin einer von denen, die 500 Gramm Hackfleisch für 2,39 Euro kaufen, wenn sie sie brauchen. Ich fliege für 20 Euro und zwei Tage nach London. Ich weiß, dass das nicht gut ist. Ich fühle mich manchmal schlecht deswegen. Und ich mache es trotzdem, ständig.

CO2-Steuer könnte zu mehr Nachhaltigkeit führen

Wahrscheinlich geht es vielen so, jedenfalls sind die Ryanair-Flieger meistens ausgebucht. Wir wissen, was richtig ist, aber wir tun das Falsche, weil es eben bequemer ist – oder in diesem Fall einfach günstiger. Was interessiert uns das Zwei-Grad-Klimaziel, wenn wir in fünf Minuten zwei Euro an der Supermarktkasse sparen könnten? Das alles ist ausgesprochen kurz gedacht, aber genau deshalb reizen uns die zwei Euro wohl auch so sehr: Sie versprechen eine Belohnung in sehr naher Zukunft, und sie sind fassbar. Wir haben eine Vorstellung davon, was wir von zwei gesparten Euro kaufen könnten oder worauf wir verzichten müssten, wenn wir das Bio-Hackfleisch kaufen oder gar nicht erst in den Urlaub fliegen würden. Dass Geld Moral schlägt, ist nichts Neues. Der Mensch denkt eben egoistisch – großes Interesse am eigenen Wohl, was soll daran verkehrt sein?

Aber solange uns der Kontostand näher ist als das Klima, fährt die Welt weiter mit Vollgas Richtung Abgrund. Und solange wir nicht freiwillig auf die Bremse treten, muss uns jemand dazu zwingen. Oder uns mit sanftem Druck in die richtige Richtung steuern, wie man es politisch sagen würde. Wenn uns das Geld so wichtig ist, muss man Menschen wie mich eben dabei packen. Eine CO2-Steuer kann da ein wirksames Mittel sein, wie es schon beispielsweise bei Zigaretten angewandt wird. Das muss nicht heißen, dass jemandem etwas verboten wird. Uns wird nur die auf lange Sicht vernünftige Entscheidung etwas leichter gemacht. Der Bremsweg ist nämlich jetzt schon lang genug.

Flüge würden bis zu 2000 Euro teurer werden

Berechnungen des "Spiegel" und der "Welt" zufolge würde ein Flug von Berlin nach London, den man jetzt bei rechtzeitiger Buchung schon für 18 Euro bekommen kann, fast das Vierfache kosten, würden die Forderungen von "Fridays For Future" umgesetzt. Hin- und Rückflug von Deutschland nach Neuseeland wären 2000 Euro teurer. Für jedes Kilo Rindfleisch müsste man etwa 2,50 Euro mehr bezahlen. Für mich wäre das ein Grund, auf einiges zu verzichten, was dem Klima schadet.

Natürlich ist das eine privilegierte Perspektive, es gibt viele Familien, die am Samstagvormittag die Prospekte durchforsten, weil sie nur so über die Runden kommen. Um das zu ändern, muss an verschiedenen Stellschrauben gedreht werden, die Angelegenheit ist komplex. Eine Sache aber ist ganz einfach: In Sachen Klimaschutz kann es nicht so weitergehen. Im Moment spart man immer noch am meisten, wenn man den Planeten oder seine Bewohner ausbeutet. Dabei sollte es gerade andersherum sein: Nachhaltigkeit sollte sich lohnen – und klimaschädliches Verhalten zum Luxus werden, den sich niemand mehr leisten kann. Auch finanziell nicht.

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