Klingbeil machte in seiner Rede klar, dass er nun die Zeit für einen großen Wurf gekommen sieht. In den "nächsten Monaten" werde die Regierung Entscheidungen treffen müssen, die "anstrengend und herausfordernd" seien. Er rechne aber mit Bereitschaft zur Unterstützung von Reformen. "Ich bin mir sicher: Die Menschen in unserem Land spüren längst, dass wir weit reichende Veränderungen brauchen und dass Durchmogeln oder Zögern oder Zurücklehnen nicht funktionieren wird."
Der Haushaltsentwurf des Ministers sieht für 2026 Investitionen in Höhe von 126,7 Milliarden Euro vor - ein Rekordwert, wie Klingbeil betonte. Die Nettokreditaufnahme im Kernhaushalt steigt auf 89,9 Milliarden Euro. Das sind rund acht Milliarden Euro mehr als im laufenden Jahr. Hinzu kommen Kredite aus den Sonderhaushalten für Infrastruktur und Verteidigung, so dass sich die Kreditaufnahme letztlich auf über 174 Milliarden Euro summiert.
"Wir investieren massiv in die Zukunft des Landes", sagte Klingbeil. "Damit wir in diesem Land gut zusammenleben können, muss die Infrastruktur funktionieren."
Diese hohen Summen dürften aber nicht zu dem Schluss führen, dass der Staat nicht sparen müsse, sagte Klingbeil. Nötig seien Reformen, "die die Beschäftigung ins Zentrum stellen, die neues Wachstum schaffen, die mehr Beschäftigung schaffen, die dafür sorgen, dass die Sozialausgaben sinken und die staatlichen Einnahmen wachsen", sagte er.
Klingbeil wies darauf hin, dass der Bund in den vergangenen Jahren große schuldenfinanzierte Ausgaben getätigt habe - etwa in der Corona-Pandemie, der Energiekrise, in der Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine. "Das Geld, das wir alle gebraucht haben und von dem wir alle als Gesellschaft profitiert haben - dieses Geld müssen wir halt irgendwann zurückzahlen", sagte der Finanzminister. "Dieses Irgendwann war sehr lange ein sehr fernes Wort. Aber Irgendwann fängt jetzt an."
Schon in der Etatplanung des Bundes für 2027 klaffe eine Lücke von mehr als 30 Milliarden Euro, sagte Klingbeil. "Es hat noch nie eine Regierung gegeben, die 30 Milliarden einsparen musste", sagte er.
Auch der Unionshaushälter Mathias Middelberg (CDU) mahnte zur Haushaltskonsolidierung. "Diese Kreditfinanzierung in diesem Ausmaß werden wir natürlich nicht auf Dauer leisten können", sagte er in der Debatte. "Deutlich mehr als jeder vierte Euro", der 2026 vom Bund ausgegeben werde, sei aus Krediten finanziert.
Entscheidend sei nun, die Mittel so zu investieren, dass nicht nur ein "wirtschaftliches Strohfeuer" entstehe, sagte Middelberg. Zudem "müssen wir die Zeit, die wir uns jetzt auch durch diese Kreditfinanzierung erkaufen, nutzen, um wirklich strukturell zu reformieren".
Die Opposition kritisierte die Etatvorlage als nicht zustimmungsfähig. Der AfD-Haushälter Michael Espendiller etwa warnte, das Land werde bei dieser Haushaltsführung "in eine nicht endende Schuldenspirale eintreten, deren Zinszahlungen uns und künftige Generationen erdrücken werden".
Der Linken-Haushaltsexperte Dietmar Bartsch begrüßte zwar, dass der Etatentwurf hohe neue Investitionen vorsehe. Allerdings setze der Entwurf hier die falschen Prioritäten, kritisierte Bartsch. "Es gibt nur eines, was bei Ihnen schneller wächst als die Rüstungsausgaben, das sind die Schulden."
Der Grünen-Haushälter Sebastian Schäfer warf der Regierung aus Union und SPD Konzeptlosigkeit vor. "Sonntagsreden, Kommissionen, Widersprüche in der Koalition: Bisher vor allem Bullshit und nichts Konkretes", kritisierte er die Arbeit der Regierung. Schäfer forderte mehr Transparenz und Ehrlichkeit in der Haushaltspolitik.
Der Entwurf der Bundesregierung sieht für 2026 Ausgaben im Kernhaushalt in Höhe von 520,5 Milliarden Euro vor. Im Jahr 2025 stehen 502,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Bis Freitag sollen die Abgeordneten den Haushaltsentwurf sowie die Etatplanungen der einzelnen Ministerien debattieren, ehe die Vorlage zur weiteren Beratung in den Haushaltsausschuss verwiesen wird.
In der Regel wird die Vorlage aus dem Finanzministerium im Ausschuss noch verändert. Die endgültige Verabschiedung soll vor Weihnachten erfolgen.