Kurden-Organisation PKK verkündet Auflösung und Ende des bewaffneten Kampfes

Demonstranten mit Öcalan-Fahne
Demonstranten mit Öcalan-Fahne
© AFP
Es ist ein historischer Schritt nach jahrzehntelanger Gewalt zwischen kurdischen Rebellen und dem türkischen Staat: Die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hat am Montag ihre Auflösung und das Ende ihres Kampfes verkündet. Bei einem Parteitag der PKK sei beschlossen worden, "die Organisationsstruktur der PKK aufzulösen und die Methode des bewaffneten Kampfes zu beenden", erklärte die PKK in einer von der prokurdischen Nachrichtenagentur ANF verbreiteten Erklärung am Montag. Die türkische Regierung sprach von einer "historischen Entscheidung".

Die PKK erklärte nach Angaben der Agentur ANF, dass sie ihre "historische Mission" erfüllt habe und durch ihren bewaffneten Kampf "die kurdische Frage an einen Punkt gelangt ist, an dem sie nun durch eine demokratische Politik gelöst werden kann".

Die PKK kämpfte seit 1984 gegen den türkischen Staat und für die Rechte der kurdischen Bevölkerung. Sie wird von Ankara und seinen westlichen Verbündeten als Terrororganisation eingestuft. Mehr als 40.000 Menschen wurden bei den Kämpfen zwischen der PKK und der türkischen Armee getötet.

Für die türkische Regierung äußerte sich Außenminister Hakan Fidan zuversichtlich. "Die Entscheidung der PKK ist eine historische und wichtige Entscheidung, insbesondere im Hinblick auf den dauerhaften Frieden und die Stabilität in unserer Region", sagte der Politiker der regierenden Partei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinen Kollegen aus Syrien und Jordanien. 

Der syrische Außenminister Asaad al-Schaibani gratulierte der türkischen Regierung auf der Pressekonferenz zu einem "Schritt von entscheidender Bedeutung" für die "Stabilität unserer gesamten Region". Der Sprecher der regierenden AKP, Ömer Celik, sagte, die Ankündigung zur Auflösung der PKK werde ein "Wendepunkt" sein. Die Regierung werde diesen Prozess "sorgfältig beobachten", betonte Celik.

Der türkische Präsident Erdogan und sein rechtsnationalistischer Koalitionspartner MHP waren im Herbst überraschend auf Öcalan zugegangen und hatten einen neuen Verhandlungsprozess gestartet, in dem die prokurdische Partei DEM vermittelte. Am 27. Februar rief Öcalan die PKK dann zur Auflösung und zum Gewaltverzicht auf. Zwei Tage später verkündete die PKK eine Waffenruhe. Ihre Auflösung beschloss die PKK dann bei einem Parteitag, der vergangene Woche im Irak stattfand.

MHP-Chef Devlet Bahceli hatte im Oktober angedeutet, dass Öcalan vorzeitig aus der Haft entlassen werden könnte, falls die PKK ihren bewaffneten Kampf einstellt. Ein AKP-Funktionär sagte am Montag hingegen der Zeitung "Türkiye", Öcalan sei 76 Jahre alt und es sei unwahrscheinlich, dass er die Gefängnisinsel Imrali verlasse. Er könne aber mit Hafterleichterungen rechnen. 

"Auch die Treffen mit der DEM und der Familie werden häufiger stattfinden", sagte der AKP-Vertreter. Öcalan selbst habe erklärt, das Gefängnis nicht verlassen zu wollen. "Er weiß, dass er ein Sicherheitsproblem haben wird, wenn er herauskommt."

Der Präsident der autonomen Kurdenregion im Irak, Netschirwan Barsani, lobte die Entscheidung der PKK. Diese ebne "den Weg für einen Dialog, der das Zusammenleben und die Stabilität in der Türkei und der Region fördert", erklärte Barsani. Er hoffe auf einen "dauerhaften Frieden, der der jahrzehntelangen Gewalt ein Ende setzt".

Die Türkei-Expertin Gönül Tol vom Middle East Institute in den USA vermutet aber, dass es Erdogan in erster Linie um eine "Konsolidierung seiner Macht" gehe. Ziel des Präsidenten sei es, bei der Wahl 2028 gestärkt gegen eine gespaltene Opposition anzutreten. Sollte die Auflösung der PKK reibungslos über die Bühne gehen, wäre dies ein "großer Sieg für Erdogan", sagte Tol.

Sie verwies auf die geringe Beteiligung der kurdischen Bevölkerung an den Protesten gegen die Verhaftung des Erdogan-Rivalen Ekrem Imamoglu im März. Dies zeige, dass Erdogans Strategie, "einen Graben zwischen der prokurdischen Partei und dem Rest der Opposition aufzureißen", aufgehe.

AFP