"Es wundert mich überhaupt nicht, wir weisen schon seit Monaten auf die Missstände hin", sagte der Sprecher der Gewerkschaft FO Justice, Ahmed Saih. Schon zuvor seien Sägeblätter in den Zellen gefunden worden, erklärte er. Nach Informationen der Zeitung "Le Figaro" bekamen die Häftlinge die Sägeblätter von Häftlingen aus einer höheren Etage an einem Band heruntergelassen.
Erst wenige Tage zuvor war ein Häftling einer Justizvollzugsanstalt bei Rennes entkommen, als er einen Ausflug mit anderen Häftlingen in ein Planetarium machen durfte. Der Direktor der Haftanstalt wurde daraufhin entlassen. Der Mann wurde am Donnerstag in Nantes aufgegriffen, wie es in Ermittlerkreisen hieß.
Mehrere Verbände von Gefängnisdirektoren werfen Justizminister Gérald Darmanin vor, sich in erster Linie um die von ihm initiierten Hochsicherheitstrakte für Drogenbosse zu kümmern, dabei aber die übrigen Haftanstalten zu vernachlässigen. "Während der Minister übertrieben gut ausgestattete Einrichtungen zur Schau stellt, gehen die anderen Einrichtungen den Bach runter", heißt es in einem bereits vor dem Ausbruch am Mittwoch veröffentlichten Schreiben der Gefängnisleitungen.
Darmanin hatte am Vortag eine große Durchsuchungsaktion in französischen Gefängnissen vornehmen lassen. Dabei seien 70 Mobiltelefone, USB-Sticks und Drogen gefunden worden, sagte er. Nach der Ermordung des Bruders eines Anti-Drogen-Aktivisten in Marseille hatte er erklärt, dass manche Drogenbosse aus der Haft heraus per Telefon Straftaten in Auftrag geben könnten. Deswegen solle in sechs besonders betroffenen Haftanstalten ein komplettes Verbot von Mobiltelefonen durchgesetzt werden. Dazu sollen auch Störsender eingesetzt und die Gefängnishöfe von oben gesichert werden, um Lieferungen per Drohne zu verhindern.
In Frankreich sind die Gefängnisse seit Jahren überbelegt. Nach einer Studie des Europarates vom Juli liegt Frankreich auf Platz drei hinter Slowenien und Zypern. Im Oktober waren die knapp 63.000 Haftplätze zu 136 Prozent belegt. Das bedeutet, dass in vielen Einzelzellen Etagenbetten stehen oder Matratzen auf den Boden gelegt werden. In der Haftanstalt von Dijon kommen derzeit mehr als 300 Häftlinge auf 180 Plätze.
Der prominenteste Häftling jüngster Zeit, Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, hatte während seiner drei Wochen dauernden Haft im Pariser Gefängnis La Santé wegen seines besonderes Status allerdings eine Einzelzelle.