Den Umfragen der vergangenen Tage zufolge könnten Störes Arbeiterpartei und weitere linke Parteien auf eine knappe Mehrheit von 88 der insgesamt 169 Sitze im Parlament kommen. Vor einigen Monaten lagen in den Umfragen noch die Konservativen und die rechte Fortschrittspartei deutlich vorn. Beobachter sehen einen wichtigen Grund für Störes Aufholjagd in der Politik von US-Präsident Donald Trump, durch die in Norwegen das Bedürfnis nach einem zuverlässigen und erfahrenen Regierungschef gewachsen sei.
Störe ist seit 2021 Ministerpräsident, zuvor war er Außenminister. Im vergangenen November war seine Regierungskoalition mit der europaskeptischen Zentrumspartei nach einem Streit zerbrochen. Die Partei führte die Minderheitsregierung nach dem Bruch mit der Zentrumspartei ohne Koalitionspartner weiter. Störe holte Ex-Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg als Finanzminister ins Kabinett. Dieser ist in dem nordischen Land mit rund 5,6 Millionen Einwohnern äußerst beliebt und bringt der Arbeiterpartei viel Zuspruch.
Auch wenn Störe als Sieger aus der Parlamentswahl hervorgeht, drohen ihm Konflikte im linken Lager: Seine Arbeiterpartei will den Abbau der norwegischen Ölvorkommen fortsetzen, während die Grünen für den Ölausstieg sind. Ein weiterer Streitpunkt ist die Beziehung zur EU: Arbeiterpartei und Grüne wollen eine engere Kooperation, Zentrumspartei und weiter links stehende Parteien lehnen dies ab.
Während Störe im linken Lager der einzige Kandidat für das höchste Regierungsamt ist, gibt es im konservativen und rechten Lager gleich zwei Kandidatinnen, die Ministerpräsidentin werden wollen: Störes konservative Vorgängerin Erna Solberg und die Kandidatin der rechtspopulistischen Fortschrittspartei, Sylvie Listhaug. Die einwanderungsfeindliche Partei hatte Solbergs Konservative in den letzten Umfragen überholt. Listhaug forderte als Kandidatin unter anderem Steuersenkungen.
Im Wahlkampf hatte insbesondere die Vermögenssteuer, die ein Teil der Linken für die Reichsten erhöhen möchte, während die Rechte sie senken oder sogar abschaffen will, für Diskussionen gesorgt.
Eine Rekordzahl von 1,9 Millionen Norwegerinnen und Norwegern und damit fast die Hälfte der Wahlberechtigten hatte ihre Stimme bereits vor dem eigentlichen Beginn der Wahl abgegeben.
Norwegen ist Mitglied der Nato, gehört aber nicht der Europäischen Union an. Es grenzt im Arktischen Ozean an Russland. Die Wirtschaft des Landes ist stark von Exporten abhängig.