Damit wandte sich Steinmeier auch an jene Menschen, die den Holocaust "verdrängen, verharmlosen oder vergessen" wollen. Damit werde das Fundament erschüttert, auf dem die Demokratie gewachsen sei. Umgekehrt gelte: "Wer heute die Demokratie lächerlich macht, verachtet, angreift, der ebnet eben auch den Weg zu Hass, Gewalt und Menschenfeindlichkeit." Er fügte an: "Nehmt die Feinde der Demokratie ernst."
Der Bundestag gedenkt jährlich der NS-Opfer. Diesmal steht die Gedenkstunde im Zeichen des 80. Jahrestages der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau. Steinmeier sagte dazu, es gebe immer weniger Überlebende der Shoah, die von ihren Erfahrungen berichten könnten. "Wir werden besonders für die jungen Menschen neue Formen des Erinnerns finden müssen", sagte er. Es sei eine "Aufgabe unserer Generation, überall in Europa gegen das Vergessen zu arbeiten".
Das gelte vor allem vor dem Hintergrund wachsender Judenfeindlichkeit in Deutschland. "Wenn Antisemitismus Alltag wird in unserem Land, auf unseren Straßen und Plätzen, in Schulen und Hochschulen, das dürfen wir in unserem Land mit unserer Geschichte niemals zulassen", warnte. Er empfinde es als "Schande", wenn Gedenkstätten statt für die Bildungsarbeit jährlich einen immer höheren Anteil ihres Etats für Sicherheitsmaßnahmen aufwenden müssten.
Bei der Gedenkstunde kam auch der ukrainische Shoah-Überlebende Roman Schwarzman zu Wort. Es sei ihm eine "Ehre", dass er aus seiner angegriffenen Stadt Odessa gekommen sei, sagte Steinmeier. "Mein Land steht an Ihrer Seite", sagte er und bezog sich abgesehen von der Erinnerungsarbeit auch auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.