Sigrid Grabmeier von der katholischen Reformbewegung "Wir sind Kirche" hat bereits einen Verdacht, warum in Köln diese Woche der Eucharistische Kongress ausgerichtet wird. Kardinal Meisner wolle es wohl "nochmal krachen" lassen, bevor er sich Ende des Jahres mit dann 80 Jahren in den Ruhestand verabschiede. "Er will uns nochmal allen zeigen, wie er meint, dass es sein muss." Bislang haben sich 30.000 Katholiken angemeldet.
Unstrittig ist, dass der Eucharistische Kongress von Mittwoch bis Sonntag auf den Kölner Erzbischof zurückgeht. Es gab zwar schon mal so einen Kongress in Deutschland, aber das ist mehr als 50 Jahre her. Kritiker sagen, dass Joachim Meisner mit dem Kongress eine Art Gegen-Katholikentag aufbauen wolle. Ein Glaubensfest ohne diskutierendes Laienvolk, das lauthals das Priesteramt für Frauen fordert. Stattdessen lauter Schäfchen in stiller Andacht, und im Mittelpunkt der Priester mit der Hostie.
Die Organisatoren weisen die Kritik zurück. Sie sind darum bemüht, den Spaßfaktor herauszustellen: "Wir haben Konzerte mit den Höhnern und den Bläck Fööss und internationalen Stars", wirbt Sprecherin Andrea Imig und listet auf, was das Programm sonst noch an Annehmlichkeiten zu bieten hat: Ein Musical, Filme und Lesungen, ein Jugendfestival, einen Familientag, eine Licht- und Musik-Installation im Kölner Dom, Open-Air-Bühnen und eine Nacht des Lichts.
Was ist die Eucharistie?
Doch beim Durchblättern fallen erst einmal ganz andere Überschriften auf: "Eucharistische Anbetung" steht da mehrfach, oder "Sinnlichkeit der Eucharistie". Was das ist, die Eucharistie, können auch gläubige Katholiken oft nicht richtig erklären. Oder sie wollen es nicht, denn es klingt reichlich abgedreht.
Bezeichnenderweise ist es der muslimische Schriftsteller Navid Kermani, der #link;http://www.christundwelt.de/detail/artikel/eucha-wie/;die Sache mit der Hostie anschaulich auf den Punkt bringt#. Es verhalte sich so, dass Katholiken in diesem "Plättchen Brot tatsächlich den Leib Christi sehen, schmecken, zerbeißen, hinunterschlucken, verdauen, ausscheiden, und zwar nicht nur symbolisch, sondern mit eigenen Augen, auf der eigenen Zunge, zwischen den eigenen Zähnen, durch die eigene Kehle, im eigenen Magen, durch den eigenen Darm". So schreibt es Kermani in der Essaysammlung "Trotz Natur und Augenschein", dem Buch zum Kongress mit Grußwort von Kardinal Meisner.
"Gruselige Bluthostien und gekelterte Christusleiber"
Früher hat man sich mit der Verwandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Jesu Christi deutlich weniger schwer getan. "Die alte Bildsprache der Eucharistie ist so fremd, dass wir uns entsetzt die Augen reiben, wenn wir die blutströmenden Eucharistiebilder vergangener Jahrhunderte anschauen", schreibt der Theologe Johannes Schröer in der Zeitung "Christ & Welt". "Gruselige Bluthostien und gekelterte Christusleiber, das ist Splatterfilm, das geht nur als Ironie durch - wie bei Tarantino."
Immerhin: Das klingt nicht uninteressant. "Sakrileg"-Autor Dan Brown hat letzte Woche in Köln gesagt, nach seiner Meinung habe die Religion nur einen Feind, und das sei die Gleichgültigkeit. "Das direkte Gegenteil davon ist die Kontroverse." Wenn das stimmt, liegt Kardinal Meisner mit dem Schwerpunkt seiner vermutlich letzten Großveranstaltung womöglich gar nicht so falsch. Ob sich allerdings beides miteinander verbinden lässt - das Bläck-Fööss-Konzert und das Blut Jesu Christi - das muss sich in dieser Woche erst noch herausstellen.