"Ludwig darf nicht sterben", lacht die junge Frau. Und Ludwig mit dem Tuch über dem ausgestreckten Arm ist schon da, ein Kellner - steht da und schaut komisch. Urplötzlich rast er los und streift dabei haarscharf an einem Kopf vorbei, ehe er eine schwungvolle Kurve zieht.
Ludwig ist ihre Kreatur, eine Clownpersönlichkeit, die Eva Glimsche in einem halbjährigen Kurs entwickelt hat. Den Traum vom Clown habe sie schon immer gehabt, erzählt die 36-Jährige. Doch die meisten Schulen bilden nur in Vollzeit aus und kosten viel Geld. "So habe ich diesen Traum weggeschoben." 2005 erfuhr sie von der Schule "Kunst des Stolperns" in Freising - und griff sofort zu.
Spielfreude entwickeln und Clownpersönlichkeit maßschneidern
Die Einrichtung ist bundesweit eine der wenigen Clownschulen für Nicht-Profis. Elisabeth Makepeace, Stefan Schiegl und Peter Spiel, Theaterleute mit Erfahrungen in Clownerie, Maskenspiel und Jonglage, entwickelten einen halbjährigen Lehrplan für Einsteiger: Spielfreude entwickeln, eine Clownpersönlichkeit maßschneidern, Improvisieren und Szenen gehören dazu. Zum Abschluss gibt es eine Gala vor 300 Zuschauern.
Über 60 Absolventen - die jüngste 18, die älteste 60 - aus allen Berufen wurden bereits in die Kunst des lustvollen Scheiterns eingeführt. Unter ihnen sind Krankenschwestern genauso wie Manager, Hausfrauen oder Lehrer. "Zwei unserer Schüler haben danach eine Profiausbildung gemacht", erzählt Schiegl, "zwei andere bekamen ein Engagement beim "Schichtl" auf dem Oktoberfest."
Die drei Dozenten klären in einem Vorgespräch, wer in den 16-köpfigen Kurs aufgenommen wird. "Drogen- oder Alkoholprobleme sind Gründe für eine Ablehnung", erläutert Schiegl, "ebenso wie psychische Störungen." Solche Leute könnten die Gruppe sprengen, "und helfen kann ihnen der Kurs auch nicht".
Ernsthaftigkeit durchbrechen
Die 38-jährige Angelika Pfiffner aus Augsburg möchte etwas für sich tun, ihre Ernsthaftigkeit durchbrechen. Aufmerksam wurde sie auf die Schule durch die Klinik-Clowns. Der Verein, dessen Pappnasen bundesweit Kinder in Krankenhäusern zum Lachen bringt, wurde in Bayern von Elisabeth Makepeace gegründet, Peter Spiel ist künstlerischer Leiter. "Wir bekamen durch die Klinik-Clowns viele Anfragen: Wo kann man sowas lernen? Das brachte uns auf die Idee", sagt Spiel.
Auch Irmgard Ruther will ein Clown sein, "einfach, um lustiger zu werden". Die Kinder sind aus dem Haus, der Halbtagsjob in einer Bank füllt die 50-Jährige nicht aus. Der Clownkurs ist ihr daher die 1500 Euro allemal wert. Kollegen, Freunde, Verwandte reagieren meist begeistert und engagieren die frisch gebackenen Clowns gern für ihre Feste. Der 37 Jahre alte Bauingenieur Helmut Rainer hat mit Eva Glimsche zusammen den jüngsten Kurs absolviert. Sein Clown ist der Möchtegern-Macho, der in seinen Träumen alle Frauen im Sturm erobert.
Clowns verändern die Welt
Clownerie bringt nach Überzeugung von Stefan Schiegl viel mehr als nur ein bisschen Spaß. "Es ist wichtig, dass wir viele Clowns auf der Welt haben. Wenn jeder Mensch einen Clownkurs machen würde, wäre unsere Welt eine andere."