Duden-Redaktion "Reform ist gelungen"

Bei der Duden-Sprachberatung gehen täglich etwa 180 Anrufe ein, von denen zwischen 50 und 60 Prozent der Rechtschreibung gelten. Nach Ansicht des Redaktionsleiters Matthias Wermke hat sich die Aufregung aber längst gelegt.

Nach Ansicht von Duden-Redaktionsleiter Matthias Wermke hat sich fünf Jahre nach der Entscheidung die Aufregung gelegt. "In unserer Sprachberatung spüren wir von einer allgemeinen Kritik an der Reform praktisch gar nichts mehr", sagte Wermke. "Die Fragen sind die gleichen, die uns auch schon vor der Reform gestellt wurden - Kommasetzung, Getrennt- und Zusammenschreibung." Die Gegner der Reform würden sich nicht durchsetzen.

"Bemerken kein Unbehagen"

Bei der Duden-Sprachberatung gehen nach Wermkes Angaben täglich etwa 180 Anrufe ein, von denen zwischen 50 und 60 Prozent der Rechtschreibung gelten. "In der heißen Phase in den Jahren 1995 und 1996 hatten wir durchaus einen Zuwachs der Anrufe verzeichnet, die dezidiert der neuen Rechtschreibung galten." Seitdem nehme die Zahl dieser Anrufe wieder ab. Auch in anfangs von Kritikern heftig gescholtenen Bereichen der Reform gebe es keine Häufung der Anrufe - etwa bei den Änderungen in Getrennt-und Zusammenschreibung. "Von einem anhaltenden Unbehagen bemerken wir nichts."

"Einfach zu faul"

Nach wie vor werde häufig nach einzelnen Wörtern gefragt. Manche Anrufer, vermutet der Duden-Redaktionsleiter, seien einfach zu faul, im Wörterbuch nachzuschlagen. Zugenommen habe hingegen in den vergangenen zehn Jahren der allgemeine Sprachberatungsbedarf. "Wir werden beispielsweise auch gefragt, wie man den Bundespräsidenten in einem Brief anspricht."

Während Medien und Behörden die Rechtschreibreform bereits umgesetzt hätten, hinkten manche Firmen noch hinterher, sagte Wermke. Dies werde sich aber spätestens ändern, wenn die ersten Schüler, die nach den reformierten Regeln schreiben gelernt hätten, in die Betriebe kämen. Ohnehin sei es unmöglich, eine unwiderruflich gültige Schreibung für alle Zeiten festzulegen. "Die Rechtschreibung unterliegt immer dem Wandel, völlig unabhängig von jeder Normierung."

Der Direktor des Instituts für deutsche Sprache, Ludwig Eichinger, hält die Rechtschreibreform für erfolgreich, hat sich aber für Nachbesserungen ausgesprochen. "Die Reform ist grundsätzlich gelungen", sagte der Lehrstuhlinhaber für germanistische Linguistik an der Universität Mannheim in einem dpa-Gespräch. Bei der Getrennt- und Zusammenschreibung sowie bei der Groß- und Kleinschreibung sollte es aber Modifizierungen geben.

"In ihrer Schreibe nicht wiedergefunden"

Eichinger plädierte dafür, bei diesen Fällen den Schreibern mehr Freiheiten zu geben. Bei Wörtern wie "Leid tun" oder "kalt stellen" sollte den Menschen mehr Möglichkeiten gegeben werden, um ihre tatsächliche Intention zum Ausdruck bringen zu können. In diesen Bereichen habe es auch die größte Kritik aus der Bevölkerung gegeben. "Die Menschen haben sich einfach nicht in ihrer Schreibe wiedergefunden", sagte der Sprachwissenschaftler.

Am besten angenommen worden seien die Neuregelungen bei der "dass"- und "ss"-Schreibung, erklärte der Direktor. Auch die neue Zeichensetzung habe sich aus seiner Sicht als sinnvoll erwiesen. "Das gibt jetzt eine größere Übersichtlichkeit", sagte Eichinger. "Wie immer, wenn man eine Rechtschreibung reformiert, wird es aber auch weiter graue Stellen geben."

"Vereinheitlichung wichtig"

Nach seiner Einschätzung wird es auf "absehbare Zeit" keine neue Rechtschreibreform geben, sagte der Sprachwissenschaftler. Wichtig sei aber, dass es in Zukunft zu einer Vereinheitlichung komme. "Sonderrechtschreibungen", die sich nicht an die neuen Reglen halten, sollte es nicht mehr geben. Geplant sei nur, dass die Kommission für Rechtschreibfragen Ende 2004 leichte Modifizierungsvorschläge machen werde. Die Kommission ist am Institut für deutsche Sprache in Mannheim angesiedelt.

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