Wenn es draußen kalt, dunkel und ungemütlich ist, schleicht sich Trübsinn in die Seele. Viele Menschen sind niedergeschlagen und bedrückt. Eine Depression im medizinischen Sinne ist dieser "Herbstblues" aber selten: Anders als viele glauben, gibt es in der dunklen Jahreszeit kaum mehr depressive Erkrankungen als im Frühling oder im Sommer. "Zwei oder drei Tage sind wir alle mal schlecht drauf im Herbst und Winter, das ist kein Grund zur Beunruhigung", sagt Tim Pfeiffer, Psychologe und Koordinator im Kompetenznetz Depression. Uns fehlt einfach die Sonne.
Längst nicht jeder, den ein solches Stimmungstief erwischt, muss deshalb gleich zum Arzt. Gute Laune macht zum Beispiel Bewegung: Beim Sport schüttet der Körper Glückshormone aus. Sportmuffel können bei Spaziergängen Sauerstoff, Licht und neue Energie tanken. "Oft hilft es schon, wenn man in der Mittagspause nicht wie immer in die Kantine geht, fünf Minuten durch die frische Luft zum Bäcker läuft", sagt Tim Pfeiffer. Denn auch wenn der Himmel bewölkt ist, ist es draußen heller als drinnen - und das hebt die Stimmung.
Auch die richtige Ernährung kann Wunder wirken: Kohlenhydratreiche Lebensmittel wie Nudeln und Kartoffeln kurbeln im Körper die Produktion des Stimmungsaufhellers Serotonin an. Auch Schokolade macht dank reichlich Zucker - und damit Kohlenhydraten - zumindest kurzzeitig glücklich. Am Wichtigsten sind aber reichlich Obst und frisches Gemüse.
Patentrezepte sind das aber alles nicht, schränkt Tim Pfeiffer ein: "Jedem hilft etwas anderes: Das kann für den einen ein Buch sein, für den anderen ein Rockkonzert." Von Johanniskraut hingegen rät er ab: "Dazu sollte man vorher mit einem Arzt Rücksprache halten."
Selbsttest
Wer nicht sicher ist, ob er an einer Depression leidet, kann unter www.kompetenznetz-depression.de einen Selbsttest machen.
Nach zwei Wochen sollte man zum Arzt gehen
Es gibt jedoch Menschen, denen hilft all das nicht: Sie verkriechen sich den ganzen Tag im Bett, sagen alle Verabredungen ab und selbst ihr Lieblingslied im Radio kann ihnen kein Lächeln abringen. Sie gehören wahrscheinlich zu dem einen Prozent der Deutschen, die unter der so genannten saisonal abhängigen Depression, kurz SAD, leiden.
"Nicht jeder, der sich jetzt niedergeschlagen fühlt, ist krank", betont Tim Pfeiffer. "Aber SAD ist keine erfundene Krankheit. Die Betroffenen machen jedes Jahr wiederkehrend die Hölle durch." Wer sich zwei Wochen oder länger freudlos und schlapp fühle, leide mit hoher Wahrscheinlichkeit an einer Depression, so Pfeiffer. "Dann sollte man einen Arzt des Vertrauens aufsuchen."
Typisch für die SAD: Betroffene fühlen sich antriebslos und bedrückt, haben Heißhunger auf Süßes und sind ständig müde. In diesem Punkt unterscheidet sich die Krankheit von anderen Depressionstypen - Depressive leiden gewöhnlich unter Schlafstörungen und haben kaum Appetit.
Lichttherapie kann helfen
Vermutlich entsteht die saisonal abhängige Depression, weil die Tage in den Wintermonaten kürzer sind: Der Lichtmangel löst im Gehirn biochemische Veränderungen aus, die eine Depression hervorrufen könnten. Der Körper bildet mehr Melantonin - ein Hormon, das unter anderem den Schlaf- und Wachrhythmus des Körpers steuert.
Hier setzt auch die Behandlung der SAD an: "Zwei Drittel aller Patienten hilft eine Lichttherapie zuverlässig binnen weniger Tage", sagt Tim Pfeiffer. Wem Spaziergänge in der Herbstsonne nicht mehr helfen, kann sich mit speziellen Lampen bestrahlen lassen, die besonders hell leuchten. Die teuren Speziallampen muss man nicht kaufen: Viele Psychiater haben sie in ihren Praxen. Gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für die Lichttherapie aber nicht.