Die NASA trägt nach Ansicht einer Untersuchungskommission die Verantwortung für den Absturz der Raumfähre "Columbia". Die Gefahr, die von der Beschädigung des Hitzeschilds durch ein Schaumstoffteil ausging, sei von den Verantwortlichen der US-Raumfahrtbehörde unterschätzt worden, hieß es im Abschlussbericht, den die Kommission am Dienstag vorlegte. Entscheidungen innerhalb der NASA seien bestimmt von engen Zeitplänen, knappen Finanzen und einem mangelhaften Sicherheitsprogramm.
Die "Columbia" brach am 1. Februar beim Wiedereintritt in die Atmosphäre auseinander, alle sieben Astronauten an Bord kamen ums Leben. Die 13 Mitglieder der Untersuchungskommission gelangten zu dem Schluss, dass ein Stück Isolierschaum das Hitzeschild der linken Tragfläche beschädigt hatte. Das rund 680 Gramm schwere Schaumstoffteil löste sich den Ermittlungen zufolge beim Start am 16. Januar und traf den Flügel. Durch das tellergroße Loch im Hitzeschild drangen beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre 1.650 Grad heiße Gase ein und ließen die Tragfläche von innen schmelzen.
Warnungen nicht weitergeleitet
Obwohl der Aufprall des Isolierschaums beim Start gefilmt wurde, gingen die verantwortlichen NASA-Ingenieure nicht von einer Gefährdung der Raumfähre aus. Ein Flugdirektor schrieb den Astronauten in einer E-Mail, es gebe "überhaupt keinen Anlass zur Sorge". Allerdings befürchteten einige Techniker einen Tag vor der Katastrophe, die Beschädigung könnte zum Absturz der Raumfähre führen. Ihre Warnungen wurden nicht weitergeleitet.
Die Ermittlungen ergaben auch, dass Mitarbeiter noch während der Mission Satellitenaufnahmen von der "Columbia" sehen wollten, um den Schaden beurteilen zu können. Ihre Forderung wurde von den Verantwortlichen jedoch nicht aufgenommen. Die NASA-Manager hätten versäumt, das Ausmaß der Beschädigung zu überprüfen, kritisierte die Untersuchungskommission. Bereits bei früheren Flügen hätten sich Schaumstoffteile aus der Isolierung gelöst. Die Verantwortlichen hätten dies nicht als Sicherheitsrisiko, sondern als vertretbaren Zwischenfall erachtet.
Astronauten hätten möglicherweise gerettet werden können
Wäre die Gefahr ernst genommen worden, hätten die Astronauten womöglich gerettet werden können. Chefermittler Harold Gehman sagte im Mai, die NASA hätte eine weitere Raumfähre ins All schießen können, um die Crew aus der absturzgeweihten "Columbia" zu evakuieren.
Die NASA habe an ihrer Haltung zu Sicherheitsfragen seit der "Challenger"-Katastrophe 1986 wenig geändert, hieß es im 248-seitigen Abschlussbericht der Untersuchungskommission weiter. Ohne weit reichende Veränderungen seien weitere Unglücke jedoch wahrscheinlich.
Start der "Atlantis" für 2004 geplant
Der Abschluss der Ermittlungen könnte die Tür für eine Wiederaufnahme des Raumfährenprogramms öffnen. Allerdings gab die Untersuchungskommission 29 Empfehlungen ab - einerseits für kurzfristige Änderungen vor einer Fortsetzung der Shuttle-Flüge, andererseits für langfristige Reformen im Hinblick auf die Organisation der NASA. "Die Änderungen, die wir empfehlen, werden schwer zu erfüllen sein - und es wird internen Widerstand geben", hieß es in dem Bericht. Der erste Start der Raumfähre "Atlantis" nach dem Unglück ist für Frühjahr 2004 geplant.