Veterinärmedizin
Einblick in die Tierpathologie: Unsere manchmal tödliche Liebe zu unseren Tieren
Rechtlich gesehen, gelten Tiere in Deutschland - sobald sie tot sind - als Gegenstände. Sterben sie unter ungeklärten Umständen, werden sie jedoch wie Menschen seziert und obduziert, um die Todesursache herauszufinden. stern-Redakteurin Nicole Heißmann besucht Professor Achim Gruber in der Tierpathologie Berlin. "Wir untersuchen das ganze Spektrum von kleinsten Wüstenrennmäusen bis zu Elefanten und großen Zootieren. Die häufigste Tierart, die wir hier in Berlin untersuchen, ist die Katze mit etwa 40 Prozent unserer Obduktionen." Bei diesem Besuch liegen aber keine Haustiere auf den Edelstahltischen, sondern Rinder und Schweine. "Auf dem Tisch sehen wir den Vormagen, den Dünndarm eines Kalbes, das mit unklarer Todesursache im Bestand verstorben ist." Auch diese Tiere müssen untersucht werden, um dem Halter zu erklären, warum sie verendet sind. "Dieses Rind ist für sein Alter viel zu klein und viel zu schwach. Es ist vollständig ausgezehrt. Das sagt uns, dass das Tier schon längere Zeit erheblich krank gewesen sein muss. Dass es an einer auszehrenden Krankheit gelitten hat, oder möglicherweise stimmte etwas mit der Fütterung nicht. Dass es zu wenig oder das falsche Futtermittel bekommen hat."
"Wir haben auch gar nicht so selten die Situation, wo man die Halter richtig beraten muss, wie man richtig Schweine hält, wie man die richtig füttert, und dass man da keine verbotenen oder andererseits ungünstigen Fütterungsmaßnahmen trifft. Denn gerade diese Hobbyhalter kommen nicht aus dem landwirtschaftlichen Hintergrund und denen fehlt häufig leider das richtige Fachwissen." Aufgeschnittene Bäuche, Gedärme, Blut: Tierpathologie ist eine unappetitliche Arbeit – und auch eine gefährliche.
"Es gibt eine ganze Reihe von Tieren, die mit höherer Wahrscheinlichkeit Krankheitserreger ausscheiden können, die auch den Menschen krank machen können. Das sind insbesondere die Menschenaffen, die häufig ein ähnliches Krankheitsspektrum haben wie wir selber. Das heißt, wenn wir einen Menschenaffen oder anderen höheren Primaten untersuchen, haben wir sehr viel radikalere Schutzmaßnahmen, als wenn wir ein Schwein oder ein Rind aus landwirtschaftlicher Haltung obduzieren."
Aber das Hauptgeschäft des Tierpathologen sind lebende Tiere: Gewebeproben und Tumordiagnostik für Hunde und Katzen finden regelmäßig statt. Achim Gruber warnt jedoch vor einem selbst gemachten Problem. Viele Halter sind ihren Lieblingen zu nah. Das führt zum Beispiel zu Überfettung bei den Haustieren und Allergien beim Menschen.
"Wir sind im Umgang mit den Tieren, die uns körperlich immer näher kommen, häufig zu oberflächlich, und glauben, dass wir mit Medikamenten, Impfungen und Desinfektionsmittel alle Risiken kontrolliert hätten. Das ist sicher nicht der Fall."
Ein längeres Gespräch mit Professor Gruber finden sie im neuen stern.