Dieses Gespräch stammt aus dem stern-Archiv und erschien zuerst im Juni 2022. Anlässlich des Welthundetages veröffentlichen wir den Text erneut.
Herr Professor Gruber, vor dem Gesetz gibt es keinen Mord an Tieren, wenn sie tot sind, gelten sie als Sachen. Trotzdem sieht es bei Ihnen aus wie in der Rechtsmedizin: Sektionshalle, Kacheln, Edelstahltische. Wozu obduzieren Sie Tiere?
Manchmal geht es tatsächlich um Gewalt. Auch Hunde werden erschossen oder mit Gehwegplatten um den Hals in den Fluss geworfen. Auf dem Seziertisch stochern wir in den Scherben, die beim Verhältnis zwischen Mensch und Tier übrigbleiben. Am meisten leidet das Menschenbild des Tierpathologen übrigens, wenn Tiere bei sexuellen Handlungen umkommen. Die Leute reden dann von Sodomie, korrekt heißt es Zoophilie, griechisch für Tier-Liebe. Diese Liebe endet gelegentlich damit, dass Pferde aufgeschlitzt und Schafe geschändet werden. Letzteres in der Nähe von Autobahnraststätten. Da schämt man sich dann, auch ein Mensch zu sein.