Wie gut eine Fluggesellschaft wirklich ist, merkt man nicht an Bord, sondern am Boden. Wenn der Flug verspätet ist oder gar gestrichen wird. Die Art und Weise der Information über Verzögerungen spricht Bände. Worte wie Service und Kundenfreundlichkeit werden dann mit Leben gefüllt. Bei Krisen zerplatzen vollmundige Marketing-Begriffe schnell wie Seifenblasen. Vor kurzem musste die Lufthansa Tausende von Streik betroffene Fluggäste umbuchen und richtete für ihre Passagiere eine kostenlose Hotline ein.
Anders die Kommunikation von Ryanair: Per öffentliche Bekanntmachung bekräftigte der Billigflieger, dass Passagiere mit Tickets ab dem 25. August am Boden bleiben, die ihre Flugscheine nicht über die Homepage erworben haben. Wer über einen Drittanbieter gebucht hat, - gemeint sind Flugbuchungsportale, die einen direkten Preisvergleich von Linien- und Billigfliegern für eine Strecke auf einer Website ermöglichen, ohne jede einzelne Airline-Website anzusteuern - wird nicht mehr transportiert. Die krasse Ankündigung könnte auch anderes formuliert sein: Wer ein Ticket im Online-Reisebüro erworben hat, darf bei Ryanair nicht mehr an Bord.
Mit der Brechstange möchten die Iren durchsetzen, dass Kunden ihre Flugscheine nur noch über die offizielle Internetseite buchen. Dazu kommt ein weiteres Problem. Ryanair minimiert im kommenden Winter das Angebot. Der erfolgsverwöhnte Billigflieger muss Flugzeuge stilllegen und Routen angesichts hoher Kerosinpreise und sinkender Margen einstellen. Nicht alle Passagiere, die schon frühzeitig eine Reise gebucht haben, werden daher wegen der Flugstreichungen abheben können. Und plötzlich sitzen Kunden vor der Tür, ohne das ihnen ein Ersatzflug angeboten wurde. Nur der Flugpreis wird angeblich erstattet. Das ärgert nicht nur stern.de-User. Auch der Deutsche Reiseverband kritisiert das einseitige Stornieren von Tickets. Außerdem entzieht sich Ryanair ab sofort einem direkten Preisvergleich.
Stein des Anstoßes ist das so genannte "Screenscraping", das der Fluggesellschaft missfällt. Mit dieser Methode erfassen Online-Ticketanbieter die Flugdaten von Ryanair für ihre Buchungssysteme. Wird aber später ein Flug gestrichen, können die Kunden nicht rechtzeitig informiert werden, weil Ryanair nicht über alle E-Mail-Adressen verfügt.
Mit der radikalen Entscheidung sorgt die irische Airline mit der Harfe am Leitwerk für Misstöne bei Passagieren. Aber Ryanair schneidet sich auch ins eigene Fleisch, wenn die Airline auf den Vertrieb über andere Webseiten und damit auf zusätzliche Kunden verzichtet. Da hilft auch keine Preisaktion, denn wir wissen längst: Tickets für nur wenige Euro sind ein ökologisches Ärgernis - und sie gibt es kaum. Wem gelingt es schon, einen Flug zum Lockvogelpreis zu ergattern. Die Angebote der Billigflieger entpuppen sich oft als Bauernfängerei.
Bald wird mit der irreführenden Werbung Schluss sein. Noch überbieten sich die Low-Cost-Airlines gegenseitig mit Gepäckkosten, Kreditkartengebühren, Sitzplatzreservierungen, Menüwünschen und automatischen Versicherungspaketen, um die innerhalb eines Jahres verdoppelten Kerosinpreise aufzufangen. Ab Herbst verbietet die EU alle Lockangebote auf Online-Seiten. Dann darf nur mit dem Endpreis geworben werden und über die "fakultativen Zusatzkosten" muss schon zu Beginn des Online-Kaufs informiert werden. Service hat weniger beim Buchen, sondern beim Umbuchen einen hohen Preis.