The Puli Shanghai Die Purismus-Oase von Shanghai

Von Jan-Philipp Sendker
Im Zentrum der schnelllebigen Metropole hat im Juli Chinas erstes "Urban Resort" aufgemacht. Eine Symbiose von schlichter Innenarchitektur und Hightech, frei von grellen chinesischen Farben und verspielter Ornamentik.

Es ist eines dieser seltenen Hotels, das man betritt und sofort spürt: Irgendetwas ist hier anders. Nach wenigen Augenblicken kommen die eben noch gehetzten Sinne zur Ruhe. Baulärm und Verkehrskrach der Großstadt verschwinden hinter fingerdicken Scheiben. Gedämpfte Hintergrundmusik beruhigt die Ohren, viel dunkles Holz und graue Steine die Augen. In der Lobby gibt es weder schrille Farben noch aufdringliche Geräusche.

Das Puli liegt im Zentrum Shanghais, in der Nähe des Platzes des Volkes und doch ganz weit weg. Von außen wirkt es wie eines der beliebigen Hochhäuser, die in der Stadt an jeder Ecke stehen. Innen jedoch gelingt es eine asiatische, ja chinesische Atmosphäre zu erzeugen, ohne dabei auf Klischees wie Drachen oder rote Lampions zurückzugreifen.

Hinter dem Konzept steht ein Münchner

Die 229 Zimmer und 20 Suiten sind vom Design so schlicht, harmonisch und klar eingerichtet, dass man sich erst einmal hinsetzen und meditieren möchte. Die Badewanne steht direkt am Fenster, von ihr geht der Blick über einen angrenzenden kleinen Park und Tempel bis weit über die Stadt. Nicht weniger beeindruckend ist der Wellnessbereich. Ein 25 Meter Pool, diverse Saunen und Dampfbäder. Auch hier dominiert jener graue Stein, der so typisch ist für alte Bauten in Shanghai.

"Unser Ziel war es, in unserem Haus eine besondere Stimmung schaffen", sagt Markus Engel, einer der Männer, die das Konzept des Puli über mehrere Jahre hinweg entwickelten. "Wir wollten keinen beliebigen Fünf-Sterne-Luxus, wo der Gast nie genau weiß, wo auf der Welt er gerade ist." Der 38-jährige Engel stammt aus München, nach dem Abitur jobbte er dort als Barkeeper in einem Hotel. Die Arbeit gefiel ihm so gut, dass er eine Ausbildung zum Hotelkaufmann machte. Anschließend folgten Stationen im Dorchester in London, im Peninsula in Beijing und Chicago, im Vier Jahreszeiten in Hamburg. Er arbeitete in führenden Positionen für die exklusiven Mandarin Oriental und Oberoi Hotelketten in Hongkong und auf Mauritius.

Trotzdem kündigte er vor fünf Jahren und gründete mit drei Kollegen eine eigene Firma. "Zeitgeist", setzte sich zum Ziel ein ganz neues Hotelkonzept zu erarbeiten und als Betreiber auch praktisch umzusetzen. "Es ist", sagt Engel, "eine andere Generation von Hotelgästen herangewachsen. Zu denen verlieren die großen Konzerne den Kontakt."

Die schwierige Suche nach Mitarbeitern

Die Luxus-Herberge der Zukunft sei nicht nur ein Ort zum Übernachten, entspannen oder verwöhnt werden, sondern auch eine Art Schlüssel zur Destination. "Unser Personal muss extrem gute Beziehungen haben und genau wissen, was in der Stadt läuft." Das Hotel will seinen Gästen den Besuch privater Partys, Clubs, Ausstellungen und exklusiven Veranstaltungen ermöglichen, zu denen die Öffentlichkeit sonst nur schwer Zutritt hat. Deshalb sind unter den 350 Angestellten auch nur wenige Ausländer; Shanghaier Insiderwissen und eine persönliche Ausstrahlung waren wichtiger als internationale Hotelerfahrung. Um die richtigen Leute zu finden, ist ein Kollege Engels monatelang durch die Stadt und andere Provinzen gereist. Viele der Mitarbeiter hatten vorher noch nie in einem Hotel gearbeitet. "Das Handwerk haben wir ihnen in einem fünfmonatigen Intensivkurs beigebracht."

Das im Juli eröffnete "Puli" ist das erste Hotel des "Zeitgeist" Teams. Drei andere - im Oman, in Costa Rica und London - sollen in den kommenden zwei Jahren folgen. Pläne für ein halbes Dutzend weiterer verschwanden wegen der Weltwirtschaftskrise wieder in der Schublade. Auch die erste Zeit in Shanghai wird schwierig, da macht sich Engel keine Illusionen. Die Umsätze der Fünf-Sterne Hotels in der Stadt sind seit Beginn der Krise um 50 Prozent gefallen, die Konkurrenz ist groß, die Margen gering. "Aber", sagt er, "langfristig mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Der Trend geht zu kleineren Hotels mit einem Höchstmaß an persönlichem Service. Wir werden uns durchsetzen."

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