Vor der Partie gegen Schweden gab es nicht wenige Skeptiker, die mit der ganzen Euphorie um die deutsche Nationalelf so recht nichts anzufangen wussten. Zu schwach die bisherigen Gegner, zu instabil und undurchschaubar das wahre Leistungsvermögen, so die Argumente. Wer bis jetzt also noch nicht entspannt mitfeiern konnte, kann sich seit Samstagabend 18.49 Uhr locker machen und einfach mit den vielen anderen begeisterten alten und neuen Fußballfans in diesem Land jubeln. Denn die deutsche Mannschaft hat gegen Schweden nicht nur hervorragend gespielt, sondern auch ihre Reifeprüfung mit dem ersten K.-o.-Spiel bei der WM in zeitweilig atemberaubender Art und Weise bestanden.
Wo soll das alles noch hinführen, etwa zum WM-Titel? Diese Frage stellt man sich spätestens am Tag danach und auch mit klarem Kopf längst nicht mehr nur im stillen Kämmerlein. Die Antwort lautet: Alles ist jetzt möglich. Diese draufgängerische Mannschaft hat gezeigt, dass ihr bei diesem Turnier keine Grenzen mehr gesetzt sein müssen. Und wenn man weiter nicht nur ohne Zweifel am Erfolg auf den Platz geht, sondern diese Siegesgewissheit auch weiter in Leistung umsetzt, dann braucht einem selbst vor dem Viertelfinalkracher gegen den WM-Topfavoriten Argentinien nicht Angst und Bange zu werden.
Nie mehr Harakiri
Die Mischung aus individueller Spitzenklasse (erst Lahm, dann Klose, jetzt Podolski) und mannschaftlicher Geschlossenheit stimmt in der Klinsmann-Truppe, die gegen Schweden in der ersten Hälfte sicher am Limit gespielt hat. Trotzdem muss die Blitzentwicklung während dieses Turniers noch nicht am Ende angekommen sein. Dazu gehört eben auch, dass das Team weiter lernfähig ist. Zu beobachten war das im zweiten Abschnitt, als man in Überzahl den Sieg souverän nach Hause gebracht hat, anstatt nur auf ein 6:0 hinzustürmen. Der Harakiri-Stil, zu dem die Mannschaft früher neigte, scheint endgültig abgelegt.
Mit dem Erreichen des Viertelfinales hat die Nationalmannschaft ihr vor dem Turnier ausgegebenes Ziel erreicht, alle Kritiker verstummen lassen und so ganz nebenbei ein ganzes Volk hinter sich gebracht. Und das innerhalb von nur 14 rekordverdächtigen Tagen. Die Vorzeichen für das Erreichen der immer näher rückenden Fußball-Sensation könnten, wenn wir ehrlich sind, eigentlich nicht besser sein.