Mondlandung, Erdbeben, Tennismärchen. Deutsches Löwenherz, Wunderkind, der 17-jährigste Leimener. Für die Ereignisse, die sich vor 30 Jahren bei den Offenen Englischen Tennismeisterschaften im noblen Londoner Stadtteil Wimbledon abspielten, war kein Superlativ zu hochgegriffen und keine Metapher zu abgedroschen. Als Boris Becker an jenem 7. Juli 1985 um 17.26 Uhr Ortszeit seinem Gegenüber Kevin Curren einen unerreichbaren Aufschlag über das Netz schickte, hatte er die Sportwelt für immer verändert.
Becker hat seitdem Höhen und Tiefen durchgemacht. Er war über Jahre Deutschlands Tennis-Superstar, gewann Wimbledon noch zwei weitere Male. Er stand sein Leben lang im Fokus der Öffentlichkeit. Er zeugte Kinder in der Besenkammer, trat im Fernsehen mit Fliegenklatschen am Kopf auf. Und jetzt? Ignoriert Becker sein Jubiläum fast vollständig.
Eine Feier hat Boris Becker nicht geplant
Der Becker von vor ein paar Jahren hätte heute vielleicht von selbst eine große Pressekonferenz angesetzt und gesagt, wie toll das alles gewesen sei, vor 30 Jahren. Wie er mit 17 dem Südafrikaner Tom Curren einen Aufschlag nach dem nächsten um die Ohren jagte, wie er zum Tennis-Superstar wurde. Den Becker von heute interessiert das alles nur am Rande.
Zum Jahrestag seines ersten Wimbledonsieges hat er keine Feier geplant. Er hat Besseres zu tun, er trägt schließlich Verantwortung für seinen Schützling Novak Djokovic. Und der hat gerade genug Schwierigkeiten. Der serbische Tennis-Weltranglisten-Erste muss sein Achtelfinale gegen den Südafrikaner Kevin Anderson beenden, das am Montag beim Stand von 2:2-Sätzen wegen Dunkelheit abgebrochen wurde. Darum zählt für Becker die Vergangenheit gerade nicht.
"Man spürt, dass man etwas geschafft hat, was nicht normal ist"
Dass die Medien über Becker berichten, kann er natürlich nicht verhindern. Er ist schließlich bis heute der jüngste Wimbledon-Sieger. Und ganz Deutschland stand vor 30 Jahren Kopf. Der SWR brachte am Wochenende eine große Doku. "Boris Becker und das Wunder von Wimbledon" hieß sie. Natürlich hat sich auch Becker darin geäußert. Dort wagt er dann einen kleinen Rückblick: "Es ist ein unglaubliches Erlebnis gewesen, ein sehr einschneidendes", sagt er. Oder: "Man spürt, dass man etwas geschafft hat, was nicht normal ist".
Ein bisschen Eigenlob hat er sich trotz aller Konzentration auf seinen Trainerjob dann also doch entlocken lassen. "Dass dieser Rekord bis heute Bestand hat, macht ihn mit jedem weiteren Jahr besonderer", sagt er zur "Bild". Er glaubt allerdings ebenso fest daran, dass seine Bestmarke bald unterboten wird.
Kein Sekt, nur Djokovic im Kopf
Am 7. Juli 2015 zählt für ihn aber nur sein Schützling Djokovic. Da ist Becker professionell. Ob er wenigstens ein Gläschen Sekt an diesem Tag trinke, wurde Becker von Journalisten gefragt. Der dreimalige Wimbledonsieger antwortete: "Nein, ich lebe im Hier und Jetzt und denke an die Zukunft und bin keiner, der zu viel in der Vergangenheit rumwühlt."