Antwort auf Fernbus-Konkurrenz Wie die Bahn neue Kunden gewinnen will

Zu viele Reisende sind von der Bahn auf den Fernbus umgestiegen. Das setzt den Staatskonzern unter Druck. Jetzt verspricht er die größte Kundenoffensive der Geschichte. Doch so schnell geht das nicht.

Konkurrenz belebt das Geschäft: Angesichts des Erfolgs der Fernbusse will die Deutsche Bahn mit einer Großoffensive neue Kunden gewinnen. Das Konzept, für das der Aufsichtsrat am Mittwoch grünes Licht gab, sieht unter anderem mehr und schnellere Verbindungen im Fernverkehrsnetz vor.

Im ICE-Netz der Bahn sollen dem Konzept zufolge auf Hauptachsen künftig zwei Züge pro Stunde fahren. Fast alle deutschen Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern sollen demnach im Zweistundentakt in das allgemeine Fernverkehrsnetz eingebunden werden.

Etwa fünf Millionen Menschen zusätzlich hätten damit Zugang zum Fernverkehrsangebot, das bis zum Jahr 2030 um rund ein Viertel ausgebaut werden solle, teilte die Bahn mit. Insgesamt rechnet das Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkt mit etwa 50 Millionen zusätzlichen Reisenden.

Die Bahncard bleibt

Noch fehlen neue Züge. Erst im Jahr 2016 sollen alle 17 neuen ICE 3-Züge einsatzbereit sein und Ende 2017 soll der schrittweise Regelbetrieb von 130 bestellten ICx-Züge beginnen.

Für mehr Flexibilität soll dem Vorhaben zufolge unter anderem eine Bahncard für drei Monate sorgen. Die bisherigen kostenpflichtigen Jahreskarten für 25- oder 50-prozentige Rabatte sowie die Bahncard 100 als ständige Fahrkarte für das Gesamtnetz soll es demnach weiter geben. Eine Meldung über die Abschaffung der Bahncard Anfang Dezember 2014 hatte für Verwirrung gesorgt.

Ab Ende 2016 können preissensible Kunden auch bis kurz vor Abfahrt des ICE- oder IC-Zuges noch vorhandene Sparpreise lösen. Reservierungen sollen nach den Plänen auch in der zweiten Klasse wieder kostenlos werden. Einen Zeitpunkt nannte die Bahn dafür nicht. Angestrebt werde außerdem, das Mobilfunksignal in den Fernzügen zu verstärken sowie kostenloses mobiles Internet ab 2016 zur Verfügung zu stellen, wie es dies in der ersten Klasse bereits gibt.

ICs halten auch in kleinen Städten

Von den Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern sollen laut Bahn insgesamt zehn neu an das Fernverkehrsnetz angebunden werden, darunter Mönchengladbach, Potsdam und Trier. Hinzu kommen 15 kleinere Städte. Verbesserungen solle es in 30 großen und zehn kleineren Städten geben.

Die Bahn erwartet zudem durch den Abschluss von Bauprojekten verkürzte Reisezeiten auf wichtigen Strecken. Zum Jahresende solle sich etwa die Fahrzeit zwischen Frankfurt am Main und Dresden um rund eine Stunde reduzieren. Ab 2018 werden die Reisezeiten zwischen Berlin und München unter vier Stunden (statt über sechs Stunden heute) realisiert.

"Mit dem größten und modernsten Fernverkehrsnetz seit der Bahnreform wollen wir unseren Beitrag zur Zukunftsfähigkeit Deutschlands leisten", erklärte Homburg, im Bahnvorstand für den Personenverkehr zuständig. Die Bahn wolle dazu "mehr grüne Mobilität als je zuvor" bieten.

"Mentalitätswandel vollziehen"

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßte das vorgelegte Konzept grundsätzlich. Vzbv-Vorstand Klaus Müller erklärte jedoch zugleich, dieses könne "nur der Anfang sein". Wenn die Bahn Fahrgäste binden wolle, müsse sie einen Mentalitätswandel vollziehen".

Unbenutzbare Toiletten, kaputte Klimaanlagen und eine mangelhafte Informationspolitik seien "mehr als Komfortstörungen", kritisierte Müller. Der Verband forderte in diesem Zusammenhang einen besseren Service und unabhängige Qualitätsberichte "aus Verbrauchersicht".

1500 neue Jobs

Der Verband Allianz pro Schiene nannte die Pläne der Bahn einen "mutigen und folgerichtigen Schritt, um auf die geänderten Marktbedingungen zu reagieren". Geschäftsführer Dirk Flege rief die Politik zur Beseitigung von "Wettbewerbsverzerrungen im Fernverkehr zu Ungunsten der Bahn" auf.

Nach Angaben der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sehen die Pläne auch die Schaffung von etwa 1500 neuen Stellen vor. EVG-Vorstand Reiner Bieck erklärte, dies sei "zwingend notwendig und damit die von uns geforderte positive Rolle vorwärts".

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tib/AFP/DPA