stern-Podcast Holocaust auf Tiktok: Warum der Begriff "erinnern" problematisch ist

  • von Corinna Cerruti
Tiktok-Größe Susanne Siegert steht in urbanem Innenhof voller Graffiti
"Junge Menschen stellen kluge Fragen zu Naziverbrechen und brauchen Antworten auf Augenhöhe", sagt Geschichtsinfluencerin Susanne Siegert, die auf Tiktok und Instagram Aufklärungsarbeit leistet 
© Ina Lebedjew
Auf Tiktok und Co. erreicht sie Millionen – mit Videos über den Nationalsozialismus. Was Politikerinnen und Politiker online falsch machen, erzählt Susanne Siegert im stern-Gespräch.

Frau Siegert, warum nennen Sie Ihre Kanäle "keine.erinnerungskultur"?
Ich habe mal eine Podcast-Folge mit Jens Christian Wagner gehört, dem Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Das Gespräch hat mich sehr beeindruckt. Er hat darüber gesprochen, dass wir von manchen Begriffen Abstand nehmen müssen. Von dem Begriff "Erinnern" zum Beispiel, weil man sich nur an das erinnern kann, was man persönlich erlebt hat. Das hat auf viele junge Menschen auch eher eine abschreckende Wirkung, weil da ein erhobener Zeigefinger mitschwingt.

Die Erinnerungskultur stützt sich sehr auf Überlebende und Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, was bald nicht mehr möglich sein wird. Stattdessen nutze ich lieber den Begriff "Gedenkarbeit". Er hat nicht so dieses romantische "Erinnern", wo man so schön das Kaminfeuer knistern hört. Er zeigt eher: Das ist Arbeit und wir müssen jetzt diese Arbeit machen. Wir müssen selbst tätig und aktiv werden.

Mehr über den Geschichtsunterricht à la Tiktok erfahren Sie in der aktuellen Folge des stern-Podcast ''Die Boss'' mit Susanne Siegert. Das Projekt "keine.erinnerungskultur" wurde jüngs für den Grimme Online Award 2024 nominiert: 

Was wäre Ihre Forderung auch an Menschen wie mich? Welche Gedenkarbeit sollte ich leisten?

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