Anlagebetrug Die neuen Tricks

  • von Joachim Reuter
Windige Finanzberater haben sich auf risikoscheue Kunden eingestellt und gaukeln diesen Sicherheit vor.

Es war zu schön, um wahr zu sein. Seit Anfang der 90er Jahre lockte das Frankfurter Unternehmen Phoenix Kapitaldienst mit hohen Renditen. Rund 30 000 Anleger zahlten auf das Terminmarkt-Treuhandkonto Phoenix Managed Account Geld ein - verführt von einer Wertentwicklungskurve, die über mehr als zehn Jahre nur aufwärts wies. Nun sind die Träume vom risikolosen Gewinn geplatzt: Phoenix ist pleite. Ob die Anleger etwas von ihren schätzungsweise 800 Millionen eingezahlten Euro wiedersehen werden, ist völlig offen.

Wie erkennt man Finanzabzocker?

Vorsicht bei unaufgeforderten Telefonanrufen. Wer über diesen Weg den Erstkontakt herstellt, verstößt gegen das Wettbewerbsgesetz und ist unseriös. Die in Aussicht gestellte Rendite sollte mit der Verzinsung der sicheren zehnjährigen Bundesanleihe (aktuell bei 3,7 Prozent) verglichen werden. Versprechungen von mehr als fünf Prozent jährlich sind mit erhöhten Risiken (bis zum Totalverlust des angelegten Geldes) verbunden. Anleger sollten sich nie unter Zeitdruck setzen lassen, sondern ihre Entscheidung in Ruhe überlegen. Und: Vorsicht bei Empfehlungen ("Super-Rendite!") aus dem Bekanntenkreis. Möglicherweise suchen Opfer eines Schneeballsystems (oft ohne es selbst zu wissen) noch Neukunden.

Für Volker Pietsch, Leiter des Deutschen Instituts für Anlegerschutz (DIAS) in Berlin, ist die Phoenix-Pleite "wahrscheinlich der größte Anlegerbetrug der Nachkriegsgeschichte". Immer wieder gehen Sparer Abzockern auf den Leim. Nicht nur, weil sie zu gierig sind. Nach dem Börsenabsturz suchen viele eine Geldanlage mit geringem Risiko, die auch zur Altersvorsorge taugt. Darauf haben sich windige Finanzvertriebe eingestellt. "Sie gehen mit fragwürdigen sachwertorientierten Produkten auf Kundenfang und suggerieren Sicherheit", sagt Pietsch.

Als Hit unter den Abzockern gelten so genannte atypisch stille Beteiligungen, die keiner staatlichen Aufsicht unterliegen und deshalb zum grauen Kapitalmarkt zählen. Hier wird der Anleger zum Mitunternehmer, beispielsweise bei einem angeblich werthaltigen Immobilienprojekt. Die Verträge haben jedoch eine Laufzeit von bis zu 40 Jahren, ein vorzeitiger Ausstieg ist nicht möglich. Investoren können Anfangsverluste steuerlich geltend machen. Gerade das Argument, diese Beteiligungsform werde vom Staat steuerlich gefördert, wiegt Anleger in falscher Sicherheit. Bei einer Pleite droht Totalverlust.

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Dias: Der gemeinnützige Verein informiert über den staatlich nicht regulierten "grauen Kapitalmarkt"

Neu sind auch Inhaber-Teilschuldverschreibungen. Der Gesamtbetrag einer Schuldverschreibung wird dabei für Anleger portioniert. Da wie bei einer Anleihe feste Zinsen versprochen werden, wähnt sich der Anleger in Sicherheit. Zudem zieht das Argument, in Sachwerte zu investieren, beispielsweise in Solaranlagen. "Hier wird mit Zinsen bis zu 8,25 Prozent geworben, ohne hinreichende Risikoaufklärung", sagt Pietsch. "So hohe Renditen sind in der Regel nur mit einem Schneeballsystem möglich." Das heißt: Die Zinsen werden aus frischen Anlegergeldern gezahlt. Fließt kein Kapital nach, bricht alles zusammen. Der nächste Skandal ist perfekt.

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