Die rund 20 Millionen Rentner in Deutschland können auf deutlich mehr Geld im kommenden Jahr hoffen. Einen Anstieg der Altersbezüge um 2,75 Prozent, wie vom Magazin "Der Spiegel" berichtet, bestätigten allerdings weder die Deutsche Rentenversicherung, noch das Bundesarbeitsministerium. Es zeichne sich aber ab, dass sich die für die Rentenhöhe maßgeblichen Löhne und Gehälter in diesem Jahr positiver entwickelten als im Vorjahr, sagte ein Sprecher von Arbeitsminister Olaf Scholz. "Davon sollen und werden auch die Rentner profitieren." Die genaue Höhe stehe aber erst im Frühjahr fest. Bei allen vorher publizierten Werten handele es sich lediglich um Annäherungen. Den genauen Wert muss die Regierung in einer Verordnung festsetzen.
Riester-Faktor erneut ausgesetzt
Ursache für den nun geplanten Aufschlag ist unter anderem die gute Entwicklung der Löhne, die zur Berechnung der Renten herangezogen wird. Zudem ist bereits gesetzlich festgelegt, dass im Jahr der Bundestagswahl der sogenannte Riester-Faktor erneut ausgesetzt wird. Um den Rentnern einen höheren Zuwachs zu garantieren, hatte die Bundesregierung im Frühjahr für 2008 und 2009 per Gesetz den dämpfenden Riester-Faktor außer Kraft gesetzt. Ohne den Eingriff hätten die Senioren in diesem Jahr lediglich ein Plus von 0,46 Prozent erhalten. Die eigentlich fälligen Kürzungen durch den Riester-Faktor sollen 2012 und 2013 nachgeholt werden.
Laut "Spiegel" hat der Schätzerkreis der Rentenversicherung ermittelt, dass die Altersbezüge zum 1. Juli 2009 um 2,75 Prozent steigen sollen. Ein solches Plus habe es zuletzt Mitte der 90er Jahre gegeben. Der Abwärtstrend durch die Finanzkrise sei in die Prognose bereits eingerechnet. Wer 1000 Euro Rente im Monat bekommt, würde demnach 27,50 Euro mehr bekommen.
Höhere Kassenbeiträge knabbern am Rentenplus
Allerdings müssen auch zahlreiche Rentner die im Durchschnitt um 0,6 Prozentpunkte steigenden Beiträge zur Krankenversicherung verkraften, sofern sie nicht schon jetzt Mitglied in einer teuren Kasse sind. Anders als Arbeitnehmer profitieren sie auch nicht von der Reduzierung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung um 0,5 Prozentpunkte.
Der 2003 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung in die Rentenberechnungsformel eingebaute Riester-Faktor mindert Rentenerhöhungen um jeweils etwa 0,6 Prozentpunkte. Demnach wären die aktuellen Renten angesichts der durchschnittlichen Nettolohnsteigerung von 1,4 Prozent im vergangenen Jahr nur 0,46 Prozent statt um 1,1 Prozent gestiegen.
Ökonom fordert geringere Rentenerhöhung
Der zu erwartetende Rentenanstieg veranlasste den Freiburger Ökonomie-Professor Bernd Raffelhüschenzur Forderung, den Riester-Faktor wieder in der Rentenformel zu berücksichtigen. Das würde bedeuten, dass die Renten nur um zwei Prozent steigen. "Es ist doppelt dumm, den Rentnern ausgerechnet im Wirtschaftsabschwung ein Geschenk zu machen", sagte Raffelhüschen der in Düsseldorf erscheindenden "Rheinischen Post". Es sei systematisch zwingend, den Riester-Faktor 2009 wieder in Kraft zu setzen, um der Rentenformel wieder Geltung zu verschaffen. "Es ist auch wirtschaftspolitisch vernünftig, die Rentner ebenso wie die Arbeitnehmer die Folgen des wirtschaftlichen Abschwungs tragen zu lassen", so Raffelhüschen weiter.
Die Linke kritisierte hingegen, die Rentner blieben weiter vom Wohlstandszuwachs abgehängt. Die Preise explodierten, doch die Rente steige nur "in mikroskopischen Schritten", monierte Parteivize Klaus Ernst. Senioren, die in den vergangenen Jahren ausgebliebene Rentenerhöhungen durch den Wechsel in eine günstige Krankenkasse ausgleichen wollten, würden jetzt besonders bestraft. Der Gesundheitsfonds bedeute für viele Senioren eine Nettorentenkürzung.