Deutsche Börse Fusionsabsage bedeutet Rückschlag

Die Börsen Frankfurt und Zürich wollten funsionieren - bis plötzlich der Verwaltungsrat der Schweizer Börse den Zusammenschluss klar ablehnte. - Schon sind böse Erinnerungen an die geplatzte Fusion mit der Londoner Börse wieder da.

Die Voraussetzungen für eine Fusion hätten kaum günstiger sein können: Werner Seifert und Reto Francioni, die Chefs der Börsen in Frankfurt und Zürich, sind beide Schweizer, und sie haben lange Jahre zusammen gearbeitet - bei der Deutschen Börse. Doch der Verwaltungsrat der Schweizer Börse SWX hat einen Zusammenschluss der beiden Handelsplätze am Freitagabend überraschend klar abgelehnt und sich nur für weitere Kooperationen ausgesprochen. Für die Deutsche Börse ist die Entscheidung nach Einschätzung von Branchenexperten ein Rückschlag - Erinnerungen an die geplatzte Fusion mit der Londoner Börse im Jahr 2000 werden wach.

Nicht mehr auf den Heimatmarkt beschränkt

Im Zeitalter der Globalisierung sind Börsen längst nicht mehr auf ihre Heimatmärkte beschränkt, sondern weltweit tätig. Das bislang wichtigste Joint Venture von Deutscher und Schweizer Börse, die Terminbörse Eurex, ist der größte Handelsplatz seiner Art weltweit und hat seit neuestem auch einen Ableger in den USA. Trotzdem bilden die Börsen mit ihrer langen Geschichte immer noch ein Stück nationaler Identität. An der Zürcher Selnaustraße schlägt - zumindest symbolisch - das Herz des mächtigen Finanzplatzes Schweiz. Die "emotionale Akzeptanzschwelle" für eine Fusion, schrieb die renommierte "Börsen-Zeitung", war daher sehr hoch - angesichts der Absage vom Freitag offenbar zu hoch.

In den vergangenen Tagen drangen zwar einige kritische Äußerungen aus der Zürcher Finanzszene nach außen. Das Bankgeheimnis der Schweizer Kreditinstitute müsse gewahrt und die Regulierung der Börse unter eidgenössischer Hoheit erhalten bleiben, hieß es. Interpretiert wurde dies jedoch als Warnung, dass Fusionsverhandlungen kein Selbstläufer sein würden. Nun finden sie gar nicht erst statt. Die SWX verhält sich damit ähnlich wie die Schweizer Fluggesellschaft Swiss, die 2003 ein Angebot der Lufthansa für eine Übernahme ausschlug.

Deutsche Börse hätte den Namen geändert

Ein Zusammenschluss hätte vermutlich sogar bedeutet, dass sich die Deutsche Börse von ihrem Namen verabschiedet. Für Vorstandschef Seifert wäre das kein Beinbruch gewesen: "Wir sind eigentlich weder deutsch noch eine Börse. Wir sind ein globales Liquiditätsnetzwerk", betonte der 55-Jährige in den zurückliegenden Monaten bei jeder Gelegenheit. Den Aktionären kündigte er an, dass über einen neuen Namen nachgedacht wird. Der alte stand bereits beim Fusionsprojekt mit der London Stock Exchange (LSE) zur Disposition: "iX" sollte die neue Börse damals heißen.

Die LSE, die fusionierte Börse Euronext in Amsterdam, Brüssel und Paris und die Deutsche Börse sind heute die drei größten europäischen Handelsplätze - über die genaue Reihenfolge entscheidet das jeweilige Vergleichskriterium. Die kleinere SWX, Kürzel für "Swiss Exchange", ist selbst das Produkt eines Zusammenschlusses aus den Börsen in Genf, Basel und Zürich im Jahr 1995. Dass sie sich nun einem anderen Partner zuwendet, gilt als unwahrscheinlich. Die Terminbörse Eurex ist nicht das einzige Joint Venture von Deutscher und Schweizer Börse: Zusammen mit dem amerikanischen Finanzdienstleister Dow Jones betreiben sie den europäischen Index-Anbieter Stoxx.

"Geistige Nähe" war nicht genug

"Eine große geistige Nähe" kennzeichne das Verhältnis zueinander, erklärte Seifert jüngst gegenüber einer Schweizer Zeitung. Die Zürcher Börsianer teilen mit ihren Kollegen in Frankfurt die Begeisterung für den elektronischen Handel. Dass ein Zusammenschluss der klassischen Kassamärkte für beide Seiten Kostenvorteile gebracht hätte, ist in Branchenkreisen unumstritten.

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Alexander Missal, dpa