Europäische Zentralbank Die EZB erhöht den Leitzins

Erstmals seit fünf Jahren hat die Europäische Zentralbank den Leitzins im Euro-Raum erhöht. Ein wichtiges Signal - mit möglichen Auswirkungen für den Normalverbraucher.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins im Euro-Raum wie erwartet zum ersten Mal seit über fünf Jahren erhöht.

Der für die Refinanzierung der Geschäftsbanken maßgebliche Schlüsselzins steigt um 25 Basispunkte auf 2,25 Prozent, wie die EZB in Frankfurt mitteilte. Seit Juni 2003 hatte die Notenbank den Leitzins wegen der Konjunkturflaute und der geringen Inflationsgefahr unverändert auf dem historischen Tiefstand von zwei Prozent gelassen. Inzwischen hat sich die wirtschaftliche Lage aber gebessert, und die EZB will mit höheren Zinsen einen übermäßigen Preisanstieg verhindern.

Mit Spannung wird nun die Pressekonferenz von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet um 14.30 Uhr erwartet. Da die Finanzmärkte nach klaren Worten des EZB-Chefs Mitte November mit dem Zinsschritt schon gerechnet hatten, hoffen die Beobachter nun auf Hinweise zur weiteren Zinspolitik. Trichet hat bereits verdeutlicht, dass die Zentralbank jetzt nicht automatisch eine lange Serie von Zinsanhebungen im Stil der US-Notenbank Federal Reserve startet. Die meisten Experten rechnen nur mit zwei weiteren Anhebungen bis auf 2,75 Prozent im Herbst 2006.

Auswirkungen der Leitzinserhöhungen...

... fürs Sparbuch: Jede Bank entscheidet selbst, ob sie die Veränderungen an die Sparer weitergibt. Es gilt aber als eher unwahrscheinlich, dass das passiert.
... für Bauzinsen: Die bleiben sehr günstig, doch als sich die Zinserhöhung abzeichnete, ging der Durchschnittssatz für Hypothekenkredite um 0,1 % nach oben.
... für den Dispo: Bei Dispokrediten geben viele Banken die Erhöhung erfahrungsgemäß voll an den Kunden weiter.

Sorge vor Inflation

Mit einer Straffung der Geldpolitik will die Zentralbank vermeiden, dass der anhaltend hohe Ölpreis etwa über steigende Löhne die Inflation auf breiter Front dauerhaft anheizt. Schon im Vorfeld hat die Aussicht auf die Zinserhöhung einen Sturm des Protests von Politikern und Gewerkschaftern ausgelöst, die um die noch wackelige Konjunkturerholung fürchten. Viele Banken und Wirtschaftsverbände unterstützten dagegen die EZB. Auch unter Ökonomen ist der Zinsschritt umstritten, und selbst der EZB-Rat schien wegen der noch immer unsicheren Wachstumsaussichten über die Frage des richtigen Zeitpunkts gespalten.

Hauptaugenmerk der EZB ist aber die Preisstabilität, die sie bei Teuerungsraten knapp unter zwei Prozent gesichert sieht. Nach Medienberichten geht die Zentralbank inzwischen davon aus, dass die Inflation auch 2006 und 2007 diese Obergrenze knapp überschreitet. Gleichzeitig rechnet die EZB mit etwas mehr Wachstum als bislang. EZB-Chef Trichet wird zur Pressekonferenz auch die neuen Inflations- und Wachstumsprognosen präsentieren.

Die Notenbank erhöhte auch den Zinskorridor für den Geldmarkt. Die Sätze liegen nun bei 1,25 Prozent für Übernachteinlagen der Banken und bei 3,25 Prozent für Übernachtkredite.