Versicherungsvermittler sind im Verkaufen äußerst geschickt, sie gelten als die ungekrönten Könige des Finanzvertriebs. Es gelingt ihnen ständig, immer neue Produkte unter die Leute zu bringen, obwohl die Deutschen bereits abgesichert sind wie kaum ein anderes Volk. Statistisch gesehen, hat jeder Bundesbürger bereits mehr als eine Lebensversicherung - vom Baby bis zum Greis. Mit 94 Millionen Verträgen bei knapp 100 Anbietern wird eine Versicherungssumme von mehr als 250 Milliarden Euro abgedeckt. Allein im vergangenen Jahr zahlten die Kunden rund 18 Milliarden Euro in Lebensversicherungen ein. Und die Vermittler kassieren satte Provisionen.
Drei Fragen zu Versicherungen
Wer braucht eine Lebensversicherung?
Wer Familie, Vermögen oder Kredite im Todesfall abzusichern hat, für den empfiehlt sich der Schutz einer Lebensversicherung. Wem es ausschließlich um Altersvorsorge geht, sollte vorrangig Verträge zum Riester- oder Rürup-Sparen abschließen.
Wie findet man gute Versicherer?
Der renommierte Brancheninformationsdienst "map-report" untersucht die Lebensversicherungen nach Leistung, Service und Preis. Seine Ergebnisse gibt es gegen eine Gebühr von 65 Euro unter www. map-report.de. Das Internetportal www.fss-online.de bietet nach Eingabe persönlicher Daten und Wünsche sogar auf den Einzelfall zugeschnittene Vergleiche. Aber Vorsicht: Hinter fss-online stecken Versicherungsmakler. Sie kassieren Provisionen. Tipp: Erst vergleichen, dann beim ausgewählten Anbieter direkt abschließen – zum Beispiel auf dessen Internetseite.
Wer berät wie?
Generell gibt es zwei Arten von Beratung: gegen Provision bei Abschluss oder gegen Honorar, unabhängig davon, ob ein Vertrag abgeschlossen wird oder nicht. Provisionsberater sind Versicherungsmakler, -vertreter, Einzel- und Mehrfachagenten. Auch die Vertreter von Großvertrieben wie AWD, DVAG, OVB und MLP zählen dazu. Gerichtlich zugelassene Honorarberater sind seltener (Liste unter www.bvvb.de). Wer keine Beratung braucht, dem empfiehlt sich der Abschluss bei Direktversicherungen ohne Außendienst.
Beispiel: Der Abschluss einer lang laufenden Lebensversicherung mit einem Monatsbeitrag von 125 Euro bringt dem Verkäufer eine Provision von 1500 Euro. Und zwar sofort, auf einen Schlag. Das Verfahren nennt sich "Zillmerung", benannt nach seinem Erfinder, dem Mathematiker August Zillmer (1831-1893). Die Sofort-Provision muss für den Kunden nicht in jedem Fall nachteilig sein. Sie weckt aber die Gier der Vertreter nach immer neuen Abschlüssen - denn Zehntausende, besonders Mitarbeiter der Großverersicherungsvermittler treiber AWD, DVAG, OVB und MLP, leben fast ausschließlich davon. Die Provision ist kein Geheimnis. Umso raffinierter werden die Tricks, um neue Abschlüsse zu machen.
Die Methode "Umdecken"
Die Einführung der Riester- und der Rürup-Rente (auch: Basisrente) ist für Versicherungen eine Steilvorlage fürs Neugeschäft. Denn tatsächlich ist Riester- Sparen für alle Arbeitnehmer empfehlenswert, die Rürup- oder Basisrente vor allem für Selbstständige und Freiberufler. Das Problem: Millionen Sparer wollen oder können nicht noch mehr monatlich zurücklegen. Der Vorschlag vieler Vermittler heißt deshalb: früher abgeschlossene Lebensversicherungen einfach "stilllegen" und das so frei gewordene Budget in eine Riester- oder Rürup-Rente stecken. Begründung: Die Altverträge seien nicht mehr so rentierlich, die neuen Produkte viel stärker staatlich gefördert. Dass alte Lebensversicherungen besonders wertvoll sein können, weil auch sie noch große Steuervorteile haben und teils mit einem hohen Garantiezins von bis zu vier Prozent jährlich (heute 2,25 Prozent) ausgestattet sind, bleibt beim "Umdecken" unerwähnt.
Die Methode "Alternativen totschweigen"
Was nur wenige Verbraucher wissen: Die Riester-Rente lässt sich nicht nur mit einer privaten Rentenversicherung ansparen. Möglich ist dies auch mit Bank- oder Investmentfondssparen. Für viele Verbraucher ist "Riestern" mit reinen, darauf spezialisierten Fondssparplänen (Einsteiger bis 40 Jahre) oder per Banksparplan (ab 50 Jahre) sogar empfehlenswerter. Schon deshalb, weil die Versicherung die unflexibelste und teuerste Variante ist. Die Kostenquote, also der Anteil, der nicht für die Rente zurückgelegt wird, liegt (meist deutlich) über fünf Prozent. Bei sogenannten fondsgebundenen Versicherungen ermitteln Analysten sogar Kosten von mehr als 20 Prozent. Reinrassige Riester-Fondssparpläne begnügen sich mit rund fünf Prozent Provision, Banksparpläne gibt es provisionsfrei. Verkäufer verdienen daran also deutlich weniger. Nach Riester-Banksparen fragt man denn auch bei sämtlichen deutschen Großbanken vergebens. Lediglich einige Sparkassen und Volksbanken führen dieses Angebot. Und auch für die Fondsvariante werben nur Volksbanken und einige Sparkassen. Gerade mal 150.000 Verträge der "DekaBonusRente", des Riester-Fondsangebots der Sparkassen, wurden bislang abgeschlossen. Marktführer mit mehr als einer Million Verträge ist Union Investment, Fondshaus der Volksbanken. Andere sonst führende Fondshäuser wie etwa DWS (Deutsche Bank) oder Allianz Global Investors (vormals: DIT) hinken weit hinterher - trotz guter Noten von Verbraucherschützern. Diese Sparangebote werden von den entsprechenden Beratern einfach totgeschwiegen.
Die Methode "Doppelt kassieren"
Im noch jungen Riester-Geschäft haben sich viele Banken und Versicherungen eng verbandelt. Wer beispielsweise im Internet bei der Deutschen Bank nach Angeboten zum Riester-Sparen sucht, findet ausschließlich Rentenversicherungsangebote aus dem Hause Zurich Deutscher Herold. Fondsgebundene Offerten sind überdies mit Produkten der Deutsche-Bank-Tochter DWS bestückt. So verdient das größte deutsche Geldhaus gleich doppelt: an Provisionen von der Versicherung und am Fondsabsatz. Dabei hat die DWS bereits seit fünf Jahren die DWS-Top-Rente im Angebot, einen Riester-Fondssparplan mit guten Renditechancen, angemessener Kostenquote und Bestnoten von unabhängigen Gutachtern. Doch die Versicherungsvariante bringt der Deutschen Bank mehr ein - in ihrem Kalkül offenbar sogar so viel mehr, dass es Erträge aus denkbaren Folgegeschäften mit gut beratenen Riester-Fondssparern aufwiegt.
Die Methode "Schlecht beraten"
Private Rentenversicherungen haben dasselbe Problem wie die Staatsrente: Die Deutschen leben immer länger. Deshalb sind die versprochenen Auszahlungen der Privatrente deutlich gesunken; besonders für Frauen, deren Lebenserwartung statistisch höher als die der Männer ist. Versicherungsvertreter ficht das nicht an. Sie reden die schwächelnde Privatrente schön und die kapitalbildende Lebensversicherung, die am Ende der Sparzeit auf einen Schlag eine Summe auszahlt, schlecht.
Eiskalt nutzen Vermittler die schlechte Presse, die sich die Versicherer in der Zins- und Aktientalfahrt vor vier, fünf Jahren eingehandelt haben. Die Jahresgutschriften auf den Sparanteil der Einzahlung von bis zu sieben Prozent in den 90er Jahren sind auf heute durchschnittlich gut vier Prozent gesunken. Einige namhafte Anbieter wie Axa, Victoria und HDI-Gerling rangieren sogar deutlich darunter. Zudem wurden Steuervorteile für Kapitalpolicen seit 2005 verringert - Wasser auf die Mühlen der Privatrenten-Promoter. Dabei war und ist eine Kapitallebensversicherung unter bestimmten Umständen empfehlenswert.
Zum Beispiel für den Fall, dass Familien- oder Immobilienkreditabsicherung mit Vorsorgesparen gekoppelt werden soll. Solide Anbieter bieten derzeit eine Jahresgutschrift von 4,5 bis 5 Prozent - also etwas mehr als Bundeswertpapiere oder aktuelle Festgeldkonten (siehe Tabelle). Und das trotz "gezillmerter" Provision.
Tipp:
Bei keinem anderen Geldgeschäft diktieren Provisionsinteressen so sehr die Beratung wie beim Vorsorgen und Versichern. Dabei gilt: Jeder gesparte Euro an Kosten zahlt sich in mehr Zusatzrente aus - mit Zins und Zinseszins. Es gibt günstige Angebote, Verbraucher müssen sich jedoch selbst danach auf die Suche begeben. Fondsversicherungen kann man dabei getrost links liegen lassen.